Predigt zum 1. Adventsonntag (Mt 24,37-44)

Advent: Bin ich vorbereitet?

Advent heißt Ankunft. Die Zeit des Advents möchte uns daran erinnern, dass wir Menschen Wartende sind, also Menschen, die auf die Ankunft des Menschensohnes Jesus Christus warten.
Um das deutlich zu machen, erinnert Jesus im heutigen Evangelium an die Tage des Noach. Da hat niemand mit der Sintflut gerechnet. Die Menschen haben so weitergelebt wie eh und je. Sie haben gegessen, getrunken, geheiratet. Sie haben auf dem Feld gearbeitet oder in der Mühle. Und dann kam die Sintflut – und niemand außer Noach und seine Familie waren darauf vorbereitet.
Jesus Christus appelliert daher an die Menschen: Seid wachsam und haltet euch bereit.
Der Advent möchte uns jedes Jahr an diesen Appell erinnern: Seid wachsam und haltet euch bereit. Der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.
Im Advent geht es also um weit mehr als darum, zu überlegen, wie wir in diesem Jahr den Heiligen Abend am 24. Dezember verbringen wollen, wie wir die Geschenke organisieren, die Weihnachtsgrüße und den Weihnachtsurlaub. Das ist alles gut und schön, aber es geht eben um viel mehr. Es geht um das Leben selbst und um die Frage: Bin ich auf meinen Tod vorbereitet? Oder gibt es da noch etwas, das ich klären muss, bevor der Herr kommt.
Der Advent erinnert uns also an diese berühmte Ars moriendi, an die Kunst des Sterbenlernens als Kunst, nicht oberflächlich, sondern wesentlich zu leben, wachsam, vorbereitet, bereit.
Daher sagt auch der heilige Franz von Sales: „Der kluge Mensch richtet jeden Tag so ein als wäre er der letzte in seinem Leben“ (DASal 12,273).
Oder mit den Worten des heutigen Evangeliums: Lebt nicht einfach so dahin, essen, trinken, heiraten, arbeiten … so als würde das ganz normal in alle Ewigkeit so weitergehen. Seid vielmehr wachsam und haltet euch bereit.
In einem Morgengebet wird das folgendermaßen zum Ausdruck gebracht:
Guter Gott,
lass mich heute so leben,
als wäre es mein letzter Tag hier auf Erden,
wachsam und bereit auf dein Kommen.
Was unerledigt ist, lass mich erledigen.
Was unversöhnt ist, lass mich versöhnen.
Was falsch ist, lass mich richtig stellen.
Und vor allem, lass mich nicht vergessen,
dass du da bist, wie die Luft, die ich atme.
Der Advent, der uns zur Wachsamkeit aufruft, wäre die Zeit, in der ich genau das endlich anpacken könnte:
Was unerledigt ist, das will ich jetzt – im Advent – erledigen.
Was unversöhnt ist, das will ich jetzt – im Advent – versöhnen.
Was falsch ist, das will ich jetzt – im Advent – richtig stellen.
Und vor allem möchte ich mir im Advent wieder ganz bewusst in Erinnerung rufen, dass Gott da ist, so wie die Luft, die ich atme. Ich kann Gott zwar nicht sehen, aber ohne ihn könnte ich keine Sekunde leben.
Wir haben heute die Adventskränze gesegnet. Auch diese Adventskränze wollen uns genau an die Wachsamkeit und Bereitschaft für das Kommen Gottes erinnern.
Die erste Kerze sagt: Denk an Gott, in dessen Gegenwart du lebst.
Die zweite Kerze: Es wird Zeit, dass du erledigst, was unerledigt ist.
Die dritte Kerze: Versöhne dich mit dem, was unversöhnt ist.
Und die vierte Kerze: Stelle richtig, was in deinem Leben falsch läuft.
Dann, so würde Jesus sagen, bist du bereit und wach wie der Hausherr, der nicht weiß in welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS