Predigt zum 2. Adventsonntag (Mk 1,1-8)

Jesus den Weg bereiten

Für den heiligen Franz von Sales war Johannes der Täufer das Vorbild für einen demütigen Menschen, der sich ganz dem Willen Gottes zur Verfügung stellte. Er begründete diese Einschätzung damit, dass Johannes der Täufer bereits im Mutterleib Jesus als den sehnlichst erwarteten Messias und Sohn Gottes erkannte. Trotzdem schloss er sich nicht Jesus und seinen Jüngern an, sondern zog in die Wüste, um das zu tun, was Gott von ihm wollte: dem Herrn den Weg bereiten.

Demut bedeutet für Franz von Sales daher: Ich nehme mich an, so wie ich bin. Was meine Aufgabe ist, entscheidet Gott, dessen Willen ich selbst dann erfülle, wenn ich mir eigentlich etwas ganz anderes wünsche.

Die Aufgabe des Johannes des Täufers war es nicht, in den Apostel- oder Jünger/innenkreis Jesu zu treten, ihm zu folgen, seine Botschaft zu hören, seine Wunder zu sehen. Seine Aufgabe als Täufer war, in die Wüste zu gehen, dort die Stimme Gottes zu sein und die Menschen auf das Kommen Jesu vorzubereiten: „Bereitet den Weg des Herrn!“ Kehrt um! „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich.“ Als Jesus zu ihm kam, um sich taufen zu lassen, wird Johannes bezeugen: „Seht das Lamm Gottes, es nimmt hinweg die Sünde der Welt.“

Sich im Advent auf Weihnachten vorbereiten, bedeutet also ein Zweifaches:

Erstens: Jesus den Weg bereiten, alle Hindernisse meines Lebens aus dem Weg räumen, damit Jesus bei mir Ankommen kann.

Das Zweite ist das Zeugnisgeben des Johannes des Täufers in der Wüste. Es geht also um die Frage, die ich mir persönlich wieder einmal stellen sollte: Wer ist Jesus für mich? Rede ich mit ihm, von ihm, und wenn, was sage ich da? Welche Worte fallen mir ein, wenn es um Jesus Christus geht? Wie rede ich Jesus an? Mit „Herr Jesus Christus“, „Lieber Jesus“, …? Was möchte ich anderen von ihm erzählen? Worauf möchte ich andere aufmerksam machen? Das alles könnte beispielsweise so lauten:

Herr Jesus Christus,
du begleitest mein Leben schon viele Jahre,
seit meiner Taufe gehöre ich ganz zu dir.
Deine Botschaft beeindruckt mich,
deine Barmherzigkeit, deine Liebe zu den Ausgestoßenen,
den Sündern, den Armen und Kranken,
den an den Rand geschobenen.
Deine Bergpredigt wurde zur Grundlage der allgemeinen Menschenrechte,
der Sehnsucht nach Frieden, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit.
Es ist unfassbar, dass dich diese Botschaft der Liebe ans Kreuz brachte.
Du hättest dich zurückziehen können,
bist aber deinen Weg trotzdem gegangen, bis zum bitteren Ende,
aus Liebe zu uns Menschen, ja, aus Liebe zu mir.
Dafür danke ich dir, dafür preise ich dich, davon möchte ich erzählen:
Du bist der Sohn Gottes,
der Erlöser der Welt.
Ich öffne dir mein Herz.
Sei bei mir mit deiner Liebe,
hilf mir, dir zu folgen,
deine Botschaft in meiner Familie, in meinem Freundeskreis,
in meiner Arbeitswelt, in meiner Nachbarschaft,
ja in dieser meiner Welt jeden Tag neu zu leben.
Am Ende meines Lebens hoffe ich auf deine Barmherzigkeit und darauf,
dass du mich in deine Arme schließt und mich begleitest
zur Ewigkeit in deiner liebenden Gegenwart.

Bei Franz von Sales lautet ein solches Jesus-Gebet folgendermaßen:

„Mein guter Jesus, seliger König der ewigen Herrlichkeit, Dir wende ich mich zu; ich umfange Dich mit der ganzen Kraft meiner Seele. Ich bete Dich von ganzem Herzen an, ich erwähle Dich heute für immer zu meinem König. Dir will ich unverletzliche Treue bewahren“ (DASal 1,60).

Eine jede und ein jeder sind eingeladen, sich im Advent Zeit zu nehmen, Jesus Christus näher zu kommen, ihn persönlich willkommen zu heißen, sich bewusst zu machen, wer Jesus ist und welchen Platz, welche Rolle er in meinem Leben besitzt. Damit machen wir genau das, was Johannes der Täufer, der demütige Rufer und Zeuge in der Wüste, allen zugerufen hat, die zu ihm kamen: „Bereitet dem Herrn den Weg. Macht gerade seine Straßen!“ Amen.