Predigt zum 11. Sonntag im Jahreskreis (Mk 4,26-34)

Bilder, die Hoffnung schenken

Mittlerweile ist wohl der ganzen Welt klar geworden, dass Kleinigkeiten, die nicht einmal zu sehen sind, sehr große Wirkung haben können. Meistens wird uns das aber immer nur bei negativen Ereignissen bewusst.

Die Gleichnisse des heutigen Evangeliums wollen uns allerdings zeigen, dass dieses Prinzip „kleinste Ursache – größte Wirkung“ auch für das Positive und Gute gilt, in unserem Fall sogar für das Reich Gottes, also für unseren Glauben daran, dass sich die gute Botschaft Gottes in der Welt durchsetzen wird.

Da ist das Gleichnis von der Saat, die ohne weiteres Zutun von selbst zu wachsen beginnt, während der Sämann schläft. Es geschieht in kleinen Schritten, Tag um Tag, Nacht für Nacht, der Same keimt, dann kommt der Halm, dann die Ähre, und schließlich das volle Korn in der Ähre, das bereit ist für eine reiche Ernte.

Und da ist das Bild vom winzigen Senfkorn, das kleinste aller Samenkörner, das schließlich größer wird als alle anderen Gewächse und sogar Platz hat für die Vögel des Himmels.

Die konkrete Geschichte vom Reich Gottes bestätigt diese bildhaften Vergleiche, die Jesus verwendet. Da sind zuerst Jesus und seine Botschaft, dann die zwölf Apostel, dann die zweiundsiebzig Jüngerinnen und Jünger, die ersten Christengemeinden, zunächst im Nahen Osten, dann in Griechenland und Rom und schließlich in allen Ländern der ganzen Welt. Aus dem winzigen Samenkorn, das Jesus säte, wurde ein wahrlich riesiger Baum mit vielen Zweigen und Ästen und Platz für eine schillernd bunte Vogelschar.

Diese Bilder und Gleichnisse, die uns Jesus erzählt, um das Reich Gottes zu erklären, wollen uns Mut machen und unsere Hoffnung und Zuversicht stärken. Sie sagen uns: Auch wenn du den Erfolg nicht siehst, das unscheinbarste Gebet, die kleinste gute Tat im Namen Jesu wird seine positiven Wirkungen haben. Es ist daher nicht sinnlos, sich für das Reich Gottes einzusetzen und am Aufbau jener Welt mitzuarbeiten, die Gott für seine Schöpfung geplant hat. Jeder kleinste Schritt in diese Richtung zählt und wird ein wertvoller Beitrag für die große Ernte sein.

„Unsere Pflicht ist es freilich,“ so betont daher der heilige Franz von Sales, „gut zu arbeiten, der Erfolg unserer Arbeit aber steht bei Gott“ (DASal 1,114).

Natürlich braucht es dafür sehr viel Geduld. Der Zeitplan Gottes ist eben sehr oft ein ganz anderer, als wir Menschen das gerne hätten. Uns kann es oft nicht schnell genug gehen, und wenn morgen der Erfolg ausbleibt, dann haben wir übermorgen schon wieder frustriert das Handtuch geworfen. Gott weiß, dass eine erfolgreiche Ernte sehr viel Zeit braucht, und damit auch sehr viel Geduld und vor allem Ausdauer, Durchhaltevermögen und die Überzeugung, dass auch die kleinste Mühe, der kleinste Beitrag, den wir leisten, nicht umsonst sein wird.

Der heilige Franz von Sales empfiehlt uns deshalb in seinem Buch „Philothea“: „Stütze dich in allen Arbeiten völlig auf die Vorsehung Gottes; nur sie gibt deinen Plänen das Gelingen. Trage ruhigen Gemütes deinen Teil dazu bei und sei überzeugt, wenn du dein ganzes Vertrauen auf Gott gesetzt hast, wirst du den besten Erfolg haben, mag er nun deinem menschlichen Ermessen gut oder schlecht erscheinen“ (DASal 1,135).

Lassen wir uns von dieser Aussage des heiligen Franz von Sales und den beiden Bildern, die uns Jesus heute erzählt, neuen Mut für unser Leben im Alltag der Jesusnachfolge schenken. Seine Botschaft gilt immer noch: Gott wird für eine große Ernte sorgen und selbst das kleinste Samenkorn wird zu einem großen Baum werden. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS