Predigt zum 10. Sonntag im Jahreskreis (Mk 3,20-35)

Vier Themen

das heutige Evangelium enthält vier Themen, die für unser Glaubensleben durchaus wichtig sein können:

Das erste Thema ist: Jesus wird für verrückt gehalten, sogar von seiner eigenen Familie: er ist „von Sinnen“. Damit müssen wir als Christinnen und Christen also immer rechnen, dass wir von anderen für verrückt gehalten werden. Und irgendwie passt das ja auch ganz gut: Christen sind verrückt – verrückt nach Gott. Und sie verrücken vieles, was in der Gesellschaft nicht passt. Das gilt vor allem dann, wenn wir wie Jesus Partei ergreifen für jene, die keine Stimme haben, für die Armen, Schwachen, Ausgestoßenen. Franz von Sales schreibt dazu sehr passend in seinem Buch „Anleitung zum frommen Leben“: „Verachtet man dich wegen einer Handlung, die einer echten und schlichten Frömmigkeit entspringt, oder hält man dich deswegen für verrückt, dann wird die Demut dir helfen, dich über diese selige Schmach zu freuen.“ (DASal 1,122).

Als Zweites macht uns Jesus Christus darauf aufmerksam, dass Uneinigkeit schwächt und Einheit stark macht. Das ist eine ständige Herausforderung für alle Christen, alle Kirchen und auch für alle Pfarrgemeinden und Familien. Das ständige Bemühen um Einheit, Eintracht und Frieden untereinander und miteinander ist keine verlorene Zeit und Mühe, sondern wichtig, um erfolgreich zu sein. Uneinigkeit, Streit und Konflikte schwächen, Einigkeit und friedvolles Miteinander stärken. Franz von Sales meint außerdem: „Wenn wir nicht miteinander in Frieden und Eintracht leben, dürfen wir nicht die Gnade erwarten, unseren auferstandenen Herrn zu sehen.“ (DASal 9,335). Oder: „Ohne diese Einheit verdienen wir nicht, den Namen von Kindern Gottes zu tragen“ (DASal 9,451).

Das Dritte nun ist die Warnung Jesu, dass die Sünde gegen den Heiligen Geist die einzige Sünde ist, die Gott nicht vergeben werden kann. Was ist diese Sünde gegen den Heiligen Geist? Der Heilige Geist ist die Liebe Gottes des Vaters und des Sohnes, die ausströmt über die ganze Welt, die alles Leben trägt und in Bewegung hält (vgl. DASal 9,70). Wer sich gegen diese Liebe stellt, wer nein dazu sagt, also nichts mit ihr zu tun haben will, dem kann auch Gott nicht helfen. Gott lockt die Menschen, meint Franz von Sales, er möchte sie für sich und seine Liebe gewinnen, aber er zwingt uns nicht, er lässt uns die freie Entscheidung, denn Liebe ist nur in Freiheit möglich. Daher akzeptiert Gott das Nein, das man ihm entgegenschleudert. Dieses Nein ist die Sünde gegen den Heiligen Geist, ein Nein gegen die Liebe Gottes, ein Nein, das die Liebe Gottes nicht haben will.

Und schließlich das vierte Thema aus dem heutigen Evangelium: Wer den Willen Gottes erfüllt, gehört zur Familie Gottes, ist Bruder, Schwester und Mutter Jesu. Daher ist es so wichtig, dass wir Gott immer wieder deutlich machen, dass nicht mein, sondern sein Wille geschehen soll. Daher steht diese Aussage auch in der Mitte des Vater Unsers: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.“ Das bedeutet: Ja, Herr, ich vertraue dir, dass alles, was du willst, für mich das Beste ist, ob ich es nun verstehe oder nicht. Denn ich weiß, dein Wille ist immer Ausdruck deiner Liebe. Und so empfiehlt auch der heilige Franz von Sales: „Was immer Gott anordnen mag, wollen wir mit Hilfe seiner Gnade in Ergebenheit auf uns nehmen.“ (DASal 7,27). Und in einer Predigt sagte er einmal: „Die wichtigste Bitte, die wir an Gott richten müssen, ist die um die Einheit unseres Willens mit dem seinen, und das letzte Ziel des Gebetes besteht darin, nichts zu wollen als Gott“ (DASal 9,223).

Das heutige Evangelium stellt uns also eine Menge Fragen, über die wir nachdenken können und sollen:

Bist du verrückt nach Gott – und bereit, dich als Christ verrückt erklären zu lassen, um die Botschaft Jesu in der Welt zu verwirklichen?

Wie wichtig ist dir in deiner Familie, in deiner Pfarrgemeinde, in Kirche und Welt Einheit und Frieden, und was tust du dafür?

Wo schiebe ich die Liebe Gottes an den Rand? Wo sollte ich Gott wieder klar und eindeutig mein Ja zu ihm sagen?

Und schließlich: Vertraue ich darauf, dass der Wille Gottes, so unverständlich er auch sein mag, das Beste ist, das mir passieren kann?

Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS