Predigt beim Requiem P. Richard Köckeis (1 Joh 3, 14-16; Joh 10,14-15;27-29)

Festpredigt zur Vollendung deines Lebens

Zweimal hast du, Richard, mich eingeladen, dir die Festpredigt zu halten. Einmal zu deinem goldenen Priesterjubiläum und noch einmal 10 Jahre danach zu deinem diamantenen Priesterjubiläum. Das ist schon wieder mehr als 4 Jahre her. Heute hast du mich zum letzten Mal eingeladen, dir die Festpredigt zu halten – die Festpredigt zu der Vollendung deines Lebens, zu deiner Auferstehung, zum Heimgang zu deinem Herrn und Meister Jesus Christus, dem du dich dein ganzes Leben versprochen hast und dessen Botschaft du bis zuletzt verkündet hast als Diener der Wortes Gottes. Du hast mich und viele, die heute da sind, geprägt. Ich habe mit dir 18 Jahre meines Ordenslebens in derselben Kommunität gelebt, zunächst ein Jahr in Dachsberg und dann 17 Jahre hier in Ried – zuerst im Konvikt und dann hier am Riedberg. Diese vielen Jahre hindurch habe ich die Gelegenheit gehabt, dich in entscheidenden Phasen deines Lebens kennenzulernen – wie du aus einem tiefen Glauben an Gott und an die Kirche Jesu Christi gelebt hast: in deiner aktiven Zeit als Erzieher und Rektor in Dachsberg und Ried, in deiner Rolle als Kontaktperson zu den Behörden in Linz, wann es um finanzielle Unterstützung der Umbauten der Internate ging. Ich habe dich auch kennengelernt als einen, der das, was er mit viel Engagement und Herz aufgebaut hatte, wieder loslassen musste. Die Zeit der Internate in unserer Ordensprovinz war zu Ende. Du hast gelitten, als wir das Konvikt zusperrten. Aber du hast dich mit der Gegenwart trotz deines damals schon fortgeschrittenen Alters wieder arrangiert und in ihr – der Gegenwart – neuen Sinn entdeckt. Richard, ich habe dich kennengelernt als einen sehr disziplinierten Menschen und ich glaube sogar, dass deine Disziplin, die du wahrscheinlich schon in der Familie und der Schule, dann später beim Militär aber sicher noch viel stärker eingeimpft bekamst, dir über die vielen emotionalen Wellenbewegungen deines Lebens immer hinweggeholfen hat. Alle, die bei dir in die Schule gegangen sind und dich als Präfekt hatten, erzählten es immer wieder, wie du in all den Wechseljahren der Pädagogischen Meinungen und Stilrichtungen immer deine authentische Art behalten hast, weil du diszipliniert und gefestigt deinen Weg gegangen bist. Du hast dich nicht aus der Fassung bringen lassen, denn du warst zutiefst in deinem Inneren ein Hirte, der seine Herde kannte und die Herde kannte dich, weil du ein offener und transparenter Mensch warst.
Das ist wohl sicher auch der Grund, warum wir alle P. Köckeis so schätzten. Man kannte seine Stimme, wie er sich – und auch in seinem typischen Tonfall – auszudrücken vermochte – manche seiner Sprüche sind weit über die Ordensgemeinschaft hinaus legendäre Zitate geworden. In Anbetracht der vielen Jahrzehnte seines Lebens, die P. Köckeis der Internatsjugend geschenkt hat, kann man sich vorstellen, wie viele Generationen er begleitet hat, geprägt hat und wie groß sein Bekanntheitsradius ist. Was man nur bewundernswert erwähnen kann, ist, dass er die Kontakte zu den vielen Menschen, mit denen er in seinem langen Leben zu tun hatte, nicht vergessen hat – man konnte ihn über alle möglichen Zeiten und Namen bis in die 1940er und 50er Jahre Fragen stellen – sie waren unvergesslich eingeprägt in ihm. Wohl ein Beweis, dass P. Köckeis nicht mit den Menschen umging wie mit anonymen Nummern, sondern wirklich ein Hirte im Sinne des Evangeliums war, der sich um seine ihm Anvertrauten gesorgt und gekümmert hat und in seiner Art der Freundlichkeit und auch Klarheit seine Liebe und Treue zum Ausdruck gebracht hat. „Ich träume fast jede Nacht vom Konvikt“ – hat er mir einmal gesagt. Es waren bewegende und bewegte Jahre, die er wohl in seinen Träumen lange danach noch aufarbeiten musste, weil man in so einem herausfordernden Dienst als Erzieher nur wenig Ruhe und Muße zur Reflexion und Aufarbeitung hatte. Beeindruckend war es, dass nachdem P. Köckeis seine Zeit im Internat beendet hatte, sich einer neuen, ganz anderen Herde mit viel Aufmerksamkeit und Treue gewidmet hat: den leidenden und alternden Menschen der Seniorenheime (hier am Riedberg). Interessant, dass gerade die Jugend und die alten und leidendenden Menschen zwei Bevölkerungsgruppen sind, die wenig in der Gesellschaft nach ihrer Meinung gefragt werden. Gerade ihnen war P. Köckeis (fast sein ganzes Leben lang) Hirte, weil sein priesterliches Selbstverständnis davon durch und durch geprägt war – da zu sein für den Menschen, egal ob kirchennah oder kirchenfern, ob konservativ oder progressiv, ihm zuzuhören und in einer liebevollen Mitmenschlichkeit das Gefühl zu vermitteln, angenommen und wertgeschätzt zu sein. Das hat P. Köckeis vor allem in den 20 Jahren seines Dienstes an den alten und leidenden Menschen dann noch viel stärker auszudrücken gelernt. P. Köckeis war Hirte. Von Jesus hat er für sich übernommen: Ich gebe mein Leben hin für die Schafe. Als Oblate des hl. Franz von Sales hat er das schon in seiner Ordensausbildung gelernt – und sie hat offensichtlich seinem Wesen so entsprochen, dass man nicht den Eindruck hatte, es wäre für ihn eine Anstrengung oder Pflicht, für die Menschen da zu sein. Ganz im Gegenteil – er freute sich jedes Mal, wenn es an der Tür klingelte und wenn er aktiv am Leben im Pfarrbüro – am Kommen und Gehen der Leute – teilnehmen konnte. Er wollte sich nicht in den Ruhestand zurückziehen, weg von den Menschen, dazu war er viel zu viel ein interessierter Seelsorger. Und so wuchs gerade in den Jahren, in denen er keine Hauptverantwortungen mehr übernahm, seine innere Freiheit, die ihm immer mehr in der Gegenwart leben ließ und zu vielen kritischen Fragen in der Kirche eine weltoffene – salesianische – Antwort geben ließ. Die innere Freiheit war es – so denke ich – die ihn schließlich so lange am Leben gehalten hat. Ebenso aber waren es auch die fürsorgliche Hilfe und der liebevolle Umgang der hier im Pfarrhof arbeitenden und lebenden Menschen, die es ihm ermöglicht haben, sein Alter zu genießen und manche Gebrechen und Beschwerden ertragen zu können. Er wusste, was er diesen Personen zu verdanken hatte. Und diesem Dank möchte ich mich hier anschließen. P. Köckeis klagte nie sondern war bis zuletzt ein zufriedener Mensch.
Richard, ich habe dich als Ordensmann und Mitbruder erlebt und dich auch sehr geschätzt. Dein geordnetes Leben – ob im geistlichen und im menschlichen Sinn – war Beispiel gebend, sicher manchmal auch herausfordernd. Deine Herzlichkeit und Brüderlichkeit war immer ein großer Beitrag am Gelingen des Gemeinschaftslebens. Als Priester hast du besonders das Sakrament der Eucharistie geliebt. Du bist jetzt heimgegangen zum Vater und darfst teilnehmen am himmlischen Festmahl. Danke für dein Dasein. Gott schenke dir die Freude des Himmels und das Ewige Leben. Amen.

P. Provinzial Thomas OSFS (Ried-Riedberg, 1.3.2013)