Predigt beim Requiem P. Friedrich Bachert (Offb 21, 2-5a.6b-7; Mt 25,14-29)

Freude an der Arbeit

Was mich persönlich an der Lebensgeschichte von P. Bachert berührt – beim Lesen der Parte fiel mir das auf – war seine Einsatzbereitschaft und seine Freude an der Arbeit – und zwar an der sinnvollen und der nützlichen Arbeit. Es hat auf der Parte geheißen: Nach der Kriegsgefangenschaft hat er in Hammelburg im freiwilligen Arbeitseinsatz ohne Entlohnung im Interesse der Allgemeinheit seine Pflicht getan. Weil er sich nicht genug ausgenützt fühlte, verließ er freiwillig das Arbeitslager um wieder als Landwirt zu arbeiten. Offensichtlich kannte P. Bachert von seiner Kindheit und Jugend in Rumänien die Arbeit so gut wie nichts anderes im Leben. Deshalb sah P. Bachert wohl in der Arbeit einerseits die Erfüllung der sozialen Pflicht, die jeden Menschen für das Gesamtwohl der Gesellschaft aufgetragen ist – andrerseits scheint er gerade in dieser Erfüllung seiner Pflicht Sinn und Freude am Leben gespürt zu haben. Mir ist zu dieser Eigenschaft von P. Bachert das Gleichnis vom anvertrauten Geld eingefallen, das wir vorhin gehört haben. Gleichnisse werden oft x-beliebig interpretiert, und dennoch haben sie nur eine Pointe – eine Kernaussage. Und die Kernaussage dieses Gleichnisses vom anvertrauten Geld ist, dass jeder Mensch Verantwortung für das ihm Anvertraute hat, sei es Materielles oder Geistiges – oder auch Geistliches. Der ängstliche Diener wird von seinem Herrn getadelt, weil er überhaupt kein Vertrauen ihm und sich selbst gegenüber hat und seine Unsicherheit und Angst ihn so beherrschen, dass er nicht einmal zum geringsten Einsatz fähig ist, sondern sich aus Angst für die destruktivste und auch bequemste Lösung entscheidet – nämlich fürs Nicht-Handeln. Wenn es vielleicht auch verständlich ist, dass man aus Angst so entscheidet, dann soll es zumindest ein Apell sein, gegen die lähmende negative und depressiv machende Angst anzugehen versuchen. Denn es gibt ja nicht nur die lähmende hinunterziehende Angst, sondern auch die positive und motivierende Angst, die vielleicht verwandt ist mit der Neugierde und dem Interesse am Neuen. P. Bachert war offensichtlich einer der zwei Diener, die sich von dem, was ihnen anvertraut wurde, haben motivieren lassen. Und es wurde ihm für lange Zeit seines Lebens ein gesunder Leib anvertraut, kräftige Hände, ein gesundes Selbstbewusstsein und eine geradlinige Einstellung gegenüber dem christlichen Leben und der Theologie – die vielleicht für manche seiner Zeitgenossen und Mitarbeiter zeitweise zu geradlinig war. Aber das war P. Bachert. Und ich glaube, dass ihm, gerade weil er ein treuer und einsatzbereiter Diener war, so viele Stationen unterschiedlichster pastoraler Tätigkeiten anvertraut wurden. Als Ökonom, als Krankenhausseelsorger, als Leiter des Lehrlingsheimes in Ingolstadt, als Pfarrer in den verschiedensten Niederlassungen unserer Ordensprovinz – P. Bachert konnte man die Verwaltung jedes pastoralen Dienstes anvertrauen – und er tat es – sicher auf seine ganz persönliche Art und Weise. Er tat es wie Franz von Sales es uns in unser geistliches Lehrbuch hineinschrieb: mit der richtigen Gesinnung und Motivation: Das, was jetzt gerade ansteht, ist Wille Gottes für mich. Da such ich mir nicht die Rosinen raus, sondern ich nehme es mit Liebe und Wohlwollen an.
Die meisten Jahre seines nicht an Jahren knappen Lebens hat P. Bachert so der Kernaussage Jesu in diesem Gleichnis vom anvertrauten Geld entsprochen. Selbst in den Jahren, in denen das Alter mit so manchen Beschwerden Einzug hielt, war er der priesterliche Diener seines Herrn. „Sehr gut,“ so sagt der Herr im Gleichnis, „du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen.“  Aber was ist mit der großen Aufgabe gemeint? Eine Karriere, mehr Geld, mehr Ansehen, noch mehr Verantwortung? Der Herr sagt es im Gleichnis selbst. Die große Aufgabe ist: „Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn.“ Es ist also nicht mehr Leistung, nicht mehr Arbeiten, nicht mehr Sich Abrackern, sondern es ist ganz etwas anderes – sich daran freuen, beim Herrn zu sein, sich mit dem Herrn zu freuen – und das heißt eigentlich: nicht die Arbeit ist das Ziel, sondern die Freude. Und teilzunehmen an der Freude des Herrn, das kann heißen, drin zu sein im Himmelreich – da zu sein, wo es keine Trauer und keine Bedrängnis mehr gibt, keinen Schmerz und keine Pflichterfüllung – sondern „nur“ mehr an der Freude des Herrn teilzunehmen. Das ist nichts mehr zu tun, sondern nur mehr sein können und sein dürfen. Vielleicht ist es etwas gewagt, so etwas zu behaupten – aber ich glaube, dass die letzten Jahre im Pflegeheim Theresianum wenn auch unter großen körperlichen Beeinträchtigungen und Leid für P. Bachert diese Zeit seines Lebens war, in der er immer mehr das Sein einüben konnte, das Dasein vor Gott, vor sich selbst, vor den vielen Menschen, die um ihn waren und arbeiteten und denen er nicht mehr helfen sondern bloß mehr zuschauen konnte. So zieht sich das Leben immer mehr vom Tun, vom Öffentlichen und vielleicht auch Spektakulären zurück – ins Sein, in die Meditation, ins Ertragen, ins Schauen und Betrachten. Und ich glaube, das ist der letzte Schritt für P. Bachert gewesen, damit er die Stimme seines Herrn deutlich vernehmen konnte: Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn! Amen.

P. Provinzial Thomas OSFS (Eichstätt, 29.3.2011)