Predigt beim Requiem für P. Josef Mayer (2 Kor 5, 1.6-7.9a.10; Mk 9, 2-8)
Jetzt ist er bei den Schauenden
Am 6. August, dem Fest der Verklärung des Herrn, hat P. Josef Mayer sein irdisches Zelt abgebrochen. Als Glaubender, so wie es Paulus an die Korinther ausdrückt, war er unterwegs – jetzt ist er bei den Schauenden, jetzt ist er in die Wohnung Gottes, in das ewige – nicht von Menschenhand errichtete Haus im Himmel eingezogen. Am Tag der Verklärung des Herrn hat er – wie die Apostel im Evangelium – den Zugang zum Schauen des Verklärten Herrn bekommen. Jetzt kann er den Herrn, dem er in seiner Berufung zum Ordensmann und Priester gefolgt ist, als verwandelten Herrn sehen, strahlend weiß, so wie ihn die Frohbotschaft beschreibt. Und auch die Wolke, die über die Jünger ihren Schatten warf, war für P. Josef Mayer da. Ich denke da besonders an die letzten drei Monate, die Monate seiner schweren Krankheit, der Operationen im Krankenhaus, der Rehabilitation und der folgenschweren Gehirnblutung. Die Wolke warf ihren Schatten auf ihn, und keiner weiß es, wie sehr auch er wie die Jünger vor Furcht ganz benommen war. Trotzdem diese Wolke Furcht erregend ist, es kommt aus ihr eine Frohbotschaft heraus: Das ist mein geliebter Sohn. Wenn in all der Angst vor Krankheit und Tod das Bewusstsein und die Erfahrung immer stärker wird, ein von Gott geliebter Mensch zu sein, dann ist der Zugang zum verklärten Herrn eröffnet, denn dann ist man bereit, sich von Jesus mit hinein nehmen zu lassen in sein Sterben, um auch mit ihm an der Auferstehung teilzunehmen. Die Jünger sahen nach dieser Erfahrung niemanden mehr bei sich außer Jesus. Und ich denke, es gibt doch nichts Schöneres für einen Christen, als diesen Augenblick, mit Jesus ganz allein zu sein. Obwohl die Mitbrüder und Verwandten in den letzten Stunden bei ihm waren, wählte er dennoch einen Zeitpunkt zu sterben, an dem er alleine war, allein mit Jesus!
Das Bild des irdischen Zeltes, das Paulus für unser Leben in dieser Welt verwendet, scheint mir für das Leben von P. Mayer passend zu sein. Auch wenn er die meiste Zeit seines Lebens am gleichen Ort – in Fockenfeld – verbrachte, war er viel unterwegs, nicht nur mit dem Auto sondern auch im Haus, in der Schule und hin zu den Menschen in den Pfarreien, in den Diözesen. Als Lehrer für Mathematik und Physik war P. Mayer nicht nur Freund und Begleiter vieler Schüler, sondern auch ein Naturwissenschaftler. Die Technik – vor allem die EDV – und alles, was damit in Verbindung steht, die verschiedensten elektrischen und elektronischen Anlagen bündelten seine naturwissenschaftlichen Interessen. Lange Zeit war P. Mayer in Fockenfeld DIE Zentrale für alles Technische. Im Arbeitsmantel und umgeben von ein paar ausgewählten technisch begabten Studenten („Mayerstifte“ – der Ausdruck ist wirklich passend) war er im Haus unterwegs, um die elektrischen Anlagen zu warten bzw. auf den neuesten technischen Stand zu bringen. Soviel ich mich erinnern kann, war P. Mayer auch in der Ordensprovinz ein unumgänglicher Experte, als das Computerzeitalter anbrach. Mit seiner eigenen Art von Humor – und auch mit seinem energischen Temperament – war (letztlich) sein Engagement für die Menschen, vor allem für die jungen Menschen in Fockenfeld verbunden. Gerade diese Sorge um die Spätberufenen in Fockenfeld war es auch, die ihn jeden Sommer mehrere Wochen mit dem „Weinberg“-Kalender unterwegs sein ließ. Das war (s)eine besondere Art von Seelsorge: unterwegs zu den Menschen. Das Bild des irdischen Zeltes beginnt da besonders lebendig zu werden. Wer sich zum Ordenschrist berufen fühlt, der wählt aus freiem Willen das Leben in der Fremde, wie es Paulus ausdrückt, und seine Ehre sucht er darin, dem Herrn zu gefallen, nicht den Menschen und nicht sich selbst. Das heißt, nicht für sich sondern für die Sendung Jesu als Apostel, als Gesandter zu leben. Das priesterliche Amt kann sich nur aus diesem Verständnis sinnvoll nähren und entwickeln. Nicht selbst getröstet zu werden, sondern zu trösten, kann nur, wer von Gott und seinem Ruf erfüllt ist und bereit ist, für ihn zu gehen. Das ist kein bequemes Leben, sondern da ist auch eine gewisse Unruhe damit verbunden. Und ich glaube, dass P. Mayer auch diese Unruhe in sich spürte. Der hl. Augustinus sagt ja: Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir. Auf der Parte wird Franz von Sales zitiert: Gott, was wird das für eine Freude sein, wenn unsere Seelen die ersehnte Ruhe der ewigen Liebe genießen werden!
Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter – diese Zusage am Berg der Verklärung ist die Zusage, die jeden und jede von uns zur ersehnten Ruhe führen kann. Es ist die Zusage, dass wir das ewige Leben, das Leben in Fülle erleben dürfen, wenn wir sie ganz für uns annehmen. Weil Jesus sie annahm – ganz annahm steht er in der Reihe mit Moses und Elija und jeder Mensch, der diese Zusage annehmen kann, steht ebenfalls in dieser Reihe. P. Josef Mayer – unser Mitbruder, Verwandter, Lehrer und Freund, braucht kein Zelt mehr in dieser Welt und auch keine Hütte, wie Petrus sie bauen will, sondern er steht in der Reihe mit Jesus, er hat das ewige Haus, die Wohnung von Gott bereits erhalten, das glauben wir und darin wollen wir uns auch in dieser Stunde trösten und im Glauben an die Auferstehung stärken. Amen
P. Provinzial Thomas Vanek OSFS (Eichstätt, 11.8.10)