Predigt beim Gedenkgottesdienst P. Alois Eckerstorfer (1 Joh 2,1-5a; Lk 24,35-48)

Ein Original und Unikum

Jedes Jahr hören wir in der Osterzeit eigentlich sämtliche Geschichten aus dem Evangelium, in denen Jesus nach seinem Tod als Auferstandener seinen Jüngerinnen und Jüngern erschienen ist. Und irgendwie haben wir uns an diese Geschichten bereits gewöhnt, weil wir sie schon hundertmal gehört haben. Da brauche ich nur das Wort „Emmaus“ hören, und schon fallen mir die beiden Jünger ein, die nach Emmaus gingen, ihr brennendes Herz, die Augen die ihnen aufgingen, als er das Brot brach. Oder wenn ich den Namen Maria von Magdala höre, denke ich an die Verwechslung mit dem Gärtner und an das Wort: Halte mich nicht fest. Und wenn ich an das Grab denke, dann fällt mir der weggewälzte Stein ein, die beiden Engel, die da drin sitzen und den Jüngern sagen: Er ist nicht hier. Er ist auferstanden. Oder wenn ich an den Thomas denke … ich glaube, dazu brauche ich jetzt gar nichts sagen … das wissen wir alle, was Jesus mit ihm gemacht hat. Und vom See von Tiberias brauche ich auch nicht viel erzählen… jeder weiß dass die Netze so voller Fische waren, dass sie fast zerrissen. Die Ostergeschichte, die wir grad vorhin gehört haben, ist eigentlich auch nicht schlecht. Jesus kommt durch die verschlossenen Türen, dann lädt er die verdutzten Jünger ein, ihn zu berühren. Schließlich isst er vor ihren Augen einen gebratenen Fisch. Eigentlich ist der auferstandene Jesus ein guter Inszenierer. Er weiß seine Jüngerinnen und Jünger ganz schön mit seinen Auferstehungsinszenierungen herauszufordern, vielleicht sogar zu erschrecken oder zu schockieren. Es sieht so aus, als wollte Jesus ihnen ein Erlebnis von Auferstehung erfahren lassen, das sie ihr ganzes Leben lang nicht mehr vergessen sollten.
Irgendwie fällt mir zu dieser Art und Weise, wie Jesus sich seinen Jüngern unvergesslich machte, unser P. Alois – unser Luigi – Eckerstorfer ein. Ich bin ihm nur zwei- bis dreimal in meinem Leben begegnet, schließlich war er die meiste Zeit meines Ordenslebens in Namibia oder Südafrika, außer er war auf Urlaub und Erholung hier bei uns in Österreich oder Deutschland. Was aber seine Präsenz hier bei uns in seiner Heimat und in unserer deutschsprachigen Ordensprovinz dennoch auffallend stark sein ließ, waren die vielen Geschichten, die man sich von ihm erzählte, die einzigartig waren und die man durchaus mit den Inszenierungen des auferstandenen Jesus vergleichen könnte. Es waren so viele Erzählungen vieler Freunde, Weggefährten und Mitbrüder, die ihn mir persönlich so bekannt gemacht haben, sodass ich, als ich ihn dann persönlich begegnet bin, glaubte, ihn schon immer gekannt zu haben. Er war ein Original und ein Unikum. Er war einfallsreich und dynamisch, unübersehbar und hatte eine Begabung zur Inszenierung und Theatralik. Das machte ihn so unvergleichbar und einzigartig. Wer immer mit ihm auch unterwegs war, konnte seine eigene Geschichte mit dem Luigi, dem letzten Buschmann Afrikas, wie er sich selbst ja immer wieder bezeichnete, erzählen. Aber bereits um den Schüler in Dachsberg und Ried, um den Ordensstudenten in Eichstätt und um den Kaplan in Prambachkirchen ranken sich die Erzählungen, die ihn unvergesslich machen. P. Alois war ein sehr intelligenter, sportlicher, interessierter, technisch begabter und erfinderischer Mensch – alles wunderbare Talente, um in der Öffentlichkeit zu wirken und zu imponieren. Das aber war nur die eine Seite seiner Persönlichkeit, die andere aber war eine sehr sensible, eine sehr verletzliche und auch einsame Seite. Nicht ohne Grund war es ihm ein Anliegen, seine letzten Lebensjahre in einer Art Einsiedelei zu verbringen, wie er es in seinen Briefen geschrieben hat. Es schien, als ob Sonne und Mond sich in ihm verbunden hätten. Er selbst schrieb mir einmal: Der Luigi klagt nie. Auch wenn ihm sicher so manches Mal zu klagen zumute gewesen war. Es war sein fester und geerdeter Glaube, der ihn für den auferstandenen Herrn in die vielen Stationen seines Lebensweges gehen ließ. Er lebte für das Evangelium und das Reich Gottes, für das er sich verschwendete. Bescheidenheit zog er jedweden finanziellen Abhängigkeiten vor, auch wenn das nicht immer verstanden wurde. Die Bescheidenheit aber half ihm, über seine Krankheiten, seine Schmerzen und auch seine Enttäuschungen hinwegzukommen. Sie half ihm aber auch, ein innerlich freier Mensch zu bleiben. Luigi Eckerstorfer starb als Südafrikaner: Herrgott, gib mir doch a Platzerl, wo ich abtreten kann. Schrieb er in die letzten Jahre immer wieder. Als moderner Wüstenvater, wie er sich bezeichnete, konnte er schließlich am 3. Februar sein Leben Gott ganz in die Hände legen. In einem einfachen Holzsarg auf einem bescheidenen Stück Erde auf seiner Farm findet er nun seine letzte Ruhe. Diesen Ort hatte er schon vorbereitet.
Wir kennen die Bilder von seiner Begräbniszeremonie, an der der Bischof und 22 Priester teilnahmen.

Seht mich doch an – sagt Jesus. Ich bin es selbst! Fasst mich doch an, und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht. Als Christen glauben wir an die Auferstehung. Das ist mehr als nur ein geistiges Bild der Erinnerung in unserem Geist zu bewahren. Das heißt auch nicht nur, dass die Spuren, die ein Mensch in seinem Leben hinterlassen hat, nicht verwischt werden können. Auferstehung will doch heißen: Er ist mitten unter uns, er ist nur auf der anderen Seite der Straße. Er ist mitten unter uns, er ist nur auf der anderen Seite – auf der des Himmels. Er lebt mitten unter uns – in der göttlichen Vollendung, in der Ewigkeit. So dürfen wir mit ihm sagen: Nur danken kann ich, mehr doch nicht – nur danken kann ich, mehr doch nicht! Amen.

P. Provinzial Thomas OSFS (Arnreit, 19.4.2015)