Predigt zum Weihnachtsfest

Ich glaube an das Christkind

„Glaubst du denn noch an das Christkind?“

Meine Antwort auf eine solche Frage wäre klar: Ja, selbstverständlich. „Ich glaube an Jesus Christus, den eingeborenen Sohn Gottes, unseren Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria.“

So eindeutig und selbstverständlich ist diese Antwort allerdings nicht. Erst vor gut einer Woche erzählte mir eine Lehrerin aus Bayern, dass sie in ihrer Schulklasse den Kindern Weihnachten erklärte. Sie zeigte eine Weihnachtskrippe mit Ochs und Esel, den Schafen und Hirten, mit Josef und Maria und schließlich das Jesuskind. Und sie sagte: Das ist das Christkind.

Da zeigte ein Schüler auf, der ihr widersprach: Das stimmt nicht. Das Christkind ist nämlich ein Mädchen – und außerdem glaube ich schon lange nicht mehr an das Christkind, weil ich weiß, dass die Geschenke von den Erwachsenen gebracht werden. Das Christkind ist nur eine Erfindung.

Falsch, sage ich da, Weihnachten ist keine Erfindung. Weihnachten ist keine Märchen, das gut ins Winterprogramm einer Familie passt und noch dazu sehr wirtschaftsfreundlich ist. Weihnachten gehört zum wesentlichen Fundament unseres Glaubens als Christen. Wir glauben daran, dass Gott Mensch geworden ist, um ganz bei uns zu sein, einer von uns.

Das Christkind ist Realität, eine historisch eindeutig nachweisbare Person, geboren in Betlehem zur Zeit des römischen Kaisers Augustus als Quirinius Statthalter von Syrien war. Das Christkind hat einen Namen. Es heißt Jesus, seine Mutter heißt Maria. Er ist der Sohn Gottes. Er beschenkt uns bis heute mit seiner liebenden Gegenwart.

So unglaublich das auch klingen mag, und auch so wie im Märchen, es ist trotzdem die Wahrheit. Das Christkind Jesus hat die Welt nachhaltig verändert. Mit ihm begann eine ganz neue Zeitrechnung, an die wir uns bis heute richten. Wir sprechen von der Zeit vor Christus und von der Zeit nach Christus.

Das ist wahrlich großartig, wie im Märchen, wunderbar, unbegreiflich. Das Evangelium findet dafür die entsprechenden Bilder:

„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Alles ist durch dieses Wort geworden. Dieses Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“

Deshalb feiern wir jedes Jahr Weihnachten, damit wir das Christkind in unserer Mitte nicht vergessen. Machen wir es wie die Hirten, nachdem sie das Christkind in der Krippe fanden. Preisen wir Gott für alles, was wir erlebt haben, staunen wir über das, was wir hören, bewahren wir es wie Maria in unseren Herzen.

Der heilige Franz von Sales hat es mit folgenden Worten getan: „So wird Christus heute Nacht geboren, unsichtbar, auf eine Weise, die dem menschlichen Geist unbegreiflich ist.“

Lassen wir uns von dieser Unbegreiflichkeit der Menschwerdung Gottes mitten unter uns, lassen wir uns vom Glauben an das Christkind wieder neu anstecken. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS