Predigt zum Weihnachtsfest (Lk 2,1-14)
Weihnachten ist trotzdem
Alle Jahre wieder … das klingt in diesem Jahr doch etwas anders. Weihnachten ist heute eben nicht so wie alle Jahre wieder. Vieles, was normalerweise zu Weihnachten dazugehört, ist derzeit nicht möglich. Wir können darüber unglücklich und traurig sein, uns ärgern, wir können diese Situation aber genauso als Chance betrachten, die uns das Weihnachtsfest vielleicht sogar etwas näherbringt.
Die wesentliche Botschaft des Weihnachtsfestes gilt nämlich trotzdem – und vielleicht leuchtet diese Botschaft heute sogar noch mehr in die dunkle Nacht hinein als sonst:
Der große, allmächtige, unbegreifliche Gott wird Mensch. Ja noch mehr: Seine Menschwerdung geschieht als kleines, hilfloses Kind in einem ärmlichen Stall an einem unbedeutenden Ort unserer Erde.
Die Weihnachtsbotschaft, die den Hirten vor 2000 Jahren verkündet wurde, gilt tatsächlich alle Jahre wieder, ganz egal, von welchen schönen oder schlimmen Ereignissen ein Jahr geprägt wurde. Diese Botschaft lautet:
„Ich verkünde euch eine große Freude: Heute ist euch der Retter geboren: Christus, der Herr. Als Zeichen werdet ihr ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“
Vor gut einer Woche ungefähr hat die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen, also die oberste Gesundheitshüterin der Welt besorgten Kindern eine interessante Nachricht zukommen lassen. Sie meinte: Liebe Kinder, macht euch keine Sorgen, der Weihnachtsmann muss nicht in Quarantäne und er ist auch von den verschiedensten Reisewarnungen und Reiseregelungen ausgenommen. Auch wenn er aufgrund seines hohen Alters zur Risikogruppe zählt, so ist er trotzdem nicht in Gefahr, denn: der Weihnachtsmann ist gegen das weltweit grassierende, gefährliche Corona-Virus völlig immun.
Der Weihnachtsmann, Santa Claus, Väterchen Frost oder welche Namen auch immer man sich einfallen hat lassen, um zum Weihnachtsfest ja nicht zu fromm oder religiös zu wirken, sind natürlich allesamt Fantasiefiguren, die sich im Laufe der Zeit rund um das geschichtenreiche und für die Kinder und die Familie so wichtige Weihnachtsfest herausgebildet haben. Diese humorvoll gemeinte Nachricht der Weltgesundheitsorganisation kann allerdings auch auf den Kern der christlichen Weihnachtsbotschaft angewendet werden:
Gott ist immun gegen das Virus. Er braucht nicht in Quarantäne gehen. Für ihn gelten keine Ausgangsbeschränkungen, Einreiseverbote und Abstandsregeln. Er wird Mensch, weil er uns ganz nahe sein will, einer von uns, mitten unter uns. Immanuel, so nennt er sich, Gott mit uns. Jahwe ist sein Name: Ich bin da. Und Christus: der Retter und Erlöser.
Das ist die Nachricht, die uns die Kirche seit 2000 Jahren vermitteln will, in guten Zeiten genauso wie in schlechten. Und vielleicht wird uns diese Nachricht in den schlechteren Zeiten sogar noch viel deutlicher bewusst, weil wir viel weniger abgelenkt sind.
Für den heiligen Franz von Sales war in der heiligen Weihnacht eines von ganz besonderer Bedeutung: das staunende heilige Schweigen. „Bewundernswertes Schweigen,“ so sagte er in einer Weihnachtspredigt. „Die anderen Kinder sprechen nicht, weil sie nicht können, Jesus Christus dagegen, weil nicht die Zeit zu sprechen, sondern zu schweigen ist.“ (DASal 9,159)
Dieses heilige Schweigen fällt uns in diesem Jahr wahrscheinlich leichter als sonst. Die stille Nacht ist wirklich still, jedenfalls stiller als sonst. Und so können wir vielleicht in diesem Jahr leichter in den Lobpreis einstimmen, den Franz von Sales so formulierte:
„O wie wunderbar ist das heilige Licht des Glaubens! Mit untrüglicher Gewissheit zeigt es uns die ewige Geburt des großen und erhabenen göttlichen Wortes, … das mit dem Vater und dem Heiligen Geist ein alleiniger Gott ist, höchst einzig, höchst anbetungswürdig und gepriesen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“ (DASal 3,186-187)
P. Herbert Winklehner OSFS