Predigt zum Sonntag der Dreifaltigkeit (Joh 3, 16-18)

Gott ist …

wer ist Gott? Wer ist Gott für mich? – Ich weiß natürlich nicht, ob sich jeder oder jede von uns diese Frage schon einmal persönlich gestellt hat, sie gehört allerdings zu den uralten Fragen der Menschheitsgeschichte, die zu allen Zeiten bis zum heutigen Tag die Menschen bewegte und bewegt.

Ein Beweis dafür ist der heutige Sonntag der Dreifaltigkeit. Dieses Fest gibt es deshalb, weil in den ersten Jahrhunderten nach der Auferstehung Jesu die Christen um ihr Gottesbild gerungen und natürlich auch ziemlich heftig gestritten haben, bis sie sich schlussendlich auf diesen gemeinsamen Nenner einigten: Gott ist ein dreifaltiger Gott, er ist ein Gott in drei Personen: Gott Vater – Gott Sohn – Gott Heiliger Geist. Heute feiern wir diese Dreifaltigkeit Gottes, ohne jedoch genau erklären zu können, wie das eigentlich geht, dass drei eins ist und eins drei, dass wir zwar an drei Personen glauben, die wir Gott nennen, dass damit aber nur ein einziger Gott gemeint ist, der sich auf dreifaltige Weise den Menschen offenbart.

Vielleicht ist dieses Ergebnis des Nachdenkens über Gott aber gerade genau deshalb ein gutes Ergebnis, weil wir es nicht erklären können. Es zeigt uns nämlich, dass Gott letztlich für den Menschen unbegreiflich ist und bleibt, ja dass jede Aussage über Gott, die wir voll und ganz verstehen, mit Vorsicht zu genießen ist, da Gott unendlich mehr ist, als wir von ihm überhaupt aussagen können.

Der heilige Franz von Sales hat sich selbstverständlich auch Gedanken über Gott gemacht. Nicht zuletzt deshalb wurde er auch zum Kirchenlehrer erhoben. Sein Buch „Abhandlung über die Gottesliebe“ versucht seine Gedanken über Gott auf etwa 600 Seiten zusammenzufassen. Und diese 600 Seiten sind teilweise ziemlich schwer zu lesen. Franz von Sales selbst schreibt, dass er einfach nicht alles so ausdrücken kann, wie er es gerne möchte, weil die Sprache die Worte nicht hat, die er dazu bräuchte. Er ist sich allerdings auch im Klaren, dass das in der Natur der Sache selbst liegt: Gott wäre nicht Gott, würden wir Menschen ihn voll und ganz verstehen oder beschreiben können. Unsere erste Aufgabe besteht daher nicht darin, Gott begreifen zu können, sondern seine unbegreifliche Größe zu lieben, zu loben und zu preisen.

Besonders anfällig ist der Mensch darin, Gott zu instrumentalisieren, also zum Automaten, zur Maschine, zum Instrument für seine eigenen Wünsche und Vorstellungen zu machen. Gott ist ja allmächtig, also kann er auch alles erreichen und machen und jeden meiner Wünsche erfüllen, wie ich es gerne hätte. Tut er das nicht, dann glaube ich nicht mehr an ihn. Vor allem dann, wenn wir die Frage stellen: „Wie kann Gott das zulassen?“, müssen wir uns immer auch hinterfragen, ob wir Gott da nicht zum Lückenbüßer unserer eigenen Fehler und Schwächen machen oder ob wir Gott nicht zutrauen, dass er weiß, was er tut, und so wirkt, wie er es für das Beste hält.

Der heilige Franz von Sales hält all dem ein einfache Aussage entgegen: „Gott ist allmächtig, aber er ist nicht alles-wollend“. Und er erläutert: „Es ist wahr, dass Gott … alles vermag, was er will; aber es ist eine Dummheit zu sagen, dass er alles wolle, was er vermag, oder dass er nur vermöge, wovon er erklärt hat, es zu wollen. Er kann wohl 100 000 Millionen Welten entstehen lassen, Ärgernisse und Blasphemien verhindern, und trotzdem tut er es nicht“ (DASal 11,26).

Bevor ich also Gott in Frage stelle oder ihm unterstelle, er könne etwas nicht, sollte ich mich lieber voll und ganz seinem Willen überlassen und ihm vertrauen, auch wenn ich ihn nicht verstehe.

Ich freue mich jedes Jahr auf den Sonntag der Dreifaltigkeit, weil ich da wieder angeregt werde, über Gott und seine unbegreifliche Größe nachzudenken. Vielleicht lässt sich der eine oder die andere auch dazu anregen. Am Ende all unseres Nachdenkens sollten jedoch immer der Lobpreis und das Vertrauen in den Dreifaltigen Gott stehen, so wie es Franz von Sales auch getan hat:

„Alle Dinge sind von ihm als ihrem Schöpfer, alle Dinge sind durch ihn als ihrem Herrscher, alle Dinge sind in ihm als ihrem Beschützer. Ihm allein sei Ehre und Glorie von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“ (DASal 3,226).

P. Herbert Winklehner OSFS