Predigt zum Requiem P. Peter Lüftenegger (2 Tim 4, 6-8.17-18; Joh 21, 1.15-19)
Im Spannungsfeld der Apostel Petrus und Paulus
Wir feiern heute also am Namens- und Weihetag unseres lieben verstorbenen Mitbruders P. Peter Lüftenegger sein Requiem nach, weil wir das wegen covid-19 am Tag seines Begräbnisses nicht tun konnten. Und ich denke, dieser Festtag passt auch für unseren P. Peter, weil er uns Anlass gibt, sein Leben im Licht seines Namenspatrons ein wenig zu reflektieren und die vielen Erinnerungen an ihn dankbar mithineinzunehmen in diesen Gottesdienst, der uns ja im Glauben an die Auferstehung stärken soll. Diesen Glauben haben wir besonders den beiden Apostelfürsten, die wir heute feiern, zu verdanken. Sie waren es, die unermüdlich das Evangelium verkündeten und die Auferstehung von den Toten bezeugten, beide aber auf eine Art, wie es unterschiedlicher nicht sein konnte. Die Kirche stellt diese beiden Apostel und Missionare deshalb an ein und demselben Tag auf ihren Heiligenkalender, weil sie damit ausdrücken will, dass sie eben beide Wege des Dienstes am Evangelium braucht: den Weg des Hirte-Seines, der Stabilität, den Weg der festen Lehre und Klarheit – für sie steht Petrus, der Fels (die Stabilität) der Urgemeinde in Jerusalem – und den Weg des Hinausgehens, der Bewegung hin zu den Menschen, wo immer sie leben, lieben und leiden, die Missio ad gentes – die Kommen zu den Menschen. Für diesen Weg steht Paulus, der Völkermissionar, der unterwegs war und unermüdlich versuchte, immer noch mehr Menschen für Jesus Christus und sein Evangelium zu gewinnen. Man kann auch sagen: Petrus gleicht im Vorwärtsbewegen der pilgernden Kirche dem Standbein, Paulus dem Schwungbein.
Vielleicht sollten wir den wertschätzenden Rückblick auf das Leben unseres P. Peter im Spannungsfeld beider Apostel versuchen. Also, wo war der Petrus im Leben und Wirken von P. Peter sichtbar, wo der Paulus? Und ich denke, da fällt jeder/m von uns etwas aus unseren Begegnungen mit P. Peter ein, das wir entweder dem Petrus oder aber dem Paulus in ihm zuschreiben können. Allein schon in seiner Berufungsgeschichte, in seiner Suche nach dem richtigen Weg für sich, lässt sich ein ganz klarer Bezug zur Suche und Berufung des hl. Paulus erkennen. P. Peter war offensichtlich in seiner Jugend begeisterungsfähig und auch schnell für eine Idee, vielleicht sogar auch für eine Ideologie zu gewinnen. Er selbst hat das immer wieder erzählt. Bis er in seiner Suche nach dem Lebensinhalt mehr und mehr durch viele Begegnungen mit beeindruckenden Menschen auf den Kern seiner Berufung zum Salesoblaten und Priester gestoßen ist. Auch der hl. Paulus hatte viele Begegnungen mit großartigen Christen gebraucht, um seinen Weg zu finden – davon berichtet ja die Apostelgeschichte. Als P. Peter dann Klarheit über seinen Weg hatte, dann waren seiner Predigt und seinen Schriften keine Grenzen mehr gesetzt. Es ist enorm, wie viel P. Peter geschrieben hat, es ist auch enorm, wie viel P. Peter gepredigt hat – und das alles auf seine unvergleichliche Art, authentisch und enthusiastisch, charismatisch und für manche auch manchmal ein bisschen zu intensiv. Aber unser P. Peter konnte auch mit der Kritik über seine Art durchaus positiv umgehen. Dazu half ihm seine unwiderstehliche Liebenswürdigkeit und sein Humor. Allein mit seinem Lachen gewann er die Menschen, auch die, die ihm in so mancher Hinsicht – theologisch und darüber hinaus – nicht folgen konnten oder wollten. Viele Geschichten fallen mir und sicher auch vielen von uns ein, wie er mit einem gewissen Witz und auch einer gewissen Schläue es immer wieder geschafft hat, die Leute zu begeistern und selbst seine Kritiker zu beschwichtigen. Es war der Petrus in ihm, der in ihm seine klare Position zum Lehramt der Kirche immer kräftiger hat wachsen lassen, und seine Liebe zum Herzen Jesu, von dem er sich bedingungslos geliebt wusste. Das war sein tiefster Glaube. Ihn hat er wohl auch in seinem Buch „Ewiges Herz“ und in seinen unzähligen Artikeln der Zeitschrift „Licht“ bekannt. In der salesianischen Herzensspiritualität fand P. Peter das Tor zur sich ganz verströmenden Liebe Jesu. Das hatte offensichtlich die Therese von Konnersreuth in ihrer Begegnung mit Peter sofort erkannt, dass Franz von Sales es ist, der den suchenden Ordens- und Priesterkandidaten die beste spirituelle Wegzehrung bieten kann. Jesus fragt Petrus dreimal „Liebst du mich?“. Dreimal hatte Petrus seinen Herrn und Meister verleugnet, dreimal bekennt er dem Auferstandenen aus ganzem Herzen „Du weißt, dass ich dich liebhabe!“ Diese Beteuerung seiner Liebe wird schließlich zum Fundament für den Auftrag, den Jesus ihm gibt: „Weide meine Schafe!“
Peter war ein sportlicher Missionar. Damit meine ich nicht nur seine Leidenschaft für das Schifahren und für sportliches Autofahren, nein, ich denke bei „sportlich“ an seine Flexibilität. P. Peter war kurz und schnell entschlossen, er war innerlich jung und dynamisch – auch noch im hohen Alter. Natürlich brauchte er aus diesem Grund auch seine Freiheiten, und trotzdem brauchte er für sich nicht viel. Es waren die Beziehungen zu den Menschen, die ihn jung hielten und für die er immer offen war – wohl auch ein paulinisches Merkmal an ihm.
Über 95 bewegte Jahre könnte man noch lange fortfahren. Entscheidend aber ist, dass wir P. Peter in unseren Herzen bewahren und ihn dankbar Gott und seiner großen Barmherzigkeit anvertrauen. Gott weiß es wohl am besten, was und wie P. Peter am Wachsen des himmlischen Reiches in unserer Welt beigetragen hat, und er möge das Gute, das er durch ihn begonnen hat, jetzt zur Vollendung führen. „Er hat den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. … Der Herr wird ihn allem Bösen entreißen, er wird ihn retten und in sein himmlisches Reich führen. Ihm sei die Ehre in alle Ewigkeit. Amen“
P. Provinzial Thomas Vanek OSFS (Wien X, Kirche Franz von Sales, 29.09.2020)