Predigt zum 18. Sonntag im Jahreskreis (Mt 14,13-21)

Das Wunder der Brotvermehrung

Diese Geschichte von den fünf Broten und zwei Fischen, die tausende Menschen satt machen – das Wunder der Brotvermehrung also – gehört sicher zu den bekannteren Stellen des Evangeliums.

Wenn ich die Bibel lese, so frage ich mich eigentlich dabei immer, was ich mir aus diesem Text für meinen Alltag mitnehmen kann. Was möchte Gott mir ganz persönlich hier und jetzt und heute sagen? Was spricht mich an? Was hilft mir leben?

Das Erste, das ich mir heute mitnehmen möchte, ist die Aussage: „Jesus hat Mitleid mit den vielen Menschen.“ Jesus sind die Menschen um ihn herum nicht egal. Er sieht ihre Not, ihre Wünsche und Hoffnungen, ihre Gebrechen und Unvollkommenheiten, und möchte für diese Menschen heilsam sein. Vor Jesus brauche ich also keine Angst zu haben, im Gegenteil, ich kann ihm voll und ganz vertrauen. Seine Gegenwart ist heilsam. Oder wie der heilige Franz von Sales einmal predigte: „Man muss große Ehrfurcht vor dem heiligen Namen unseres Herrn haben. Hat man Ärger, macht der Name Jesus wieder froh; in der Versuchung hilft er; ist man verwundet, er heilt. Es ist der Name unserer Zuversicht. Die Schatzkammer ist geöffnet“ (DASal 9,34).

Das Zweite, das ich mir heute mitnehme, ist das Wort Jesu: „Gebt ihr ihnen zu essen.“ Die Situation ist alles andere als optimal. Ein abgelegener Ort zu später Stunde und tausende, die hungern. Die Jünger Jesu wollen die Menschen wegschicken. Sie sind überfordert. Jesus scheint das überhaupt nicht zu beeindrucken: „Gebt ihr ihnen zu essen.“ Wie soll man das bloß machen?

Ich glaube, im Leben gibt es immer wieder solche Situationen, wo ich vor einem Berg von Problemen stehe und nicht weiß, was ich jetzt tun soll. Jesus macht mir deutlich: Fang einfach an. Nimm das, was du hast und was du kannst, und wenn es auch nur fünf Brote und zwei Fische sind. Fang an, den Rest übernehme ich. Weglaufen, das Problem wegschieben oder ignorieren ist verkehrt, das tun, was ich kann, und auf Gott vertrauen, das ist es, was uns Jesus empfiehlt. Schritt für Schritt, jeden Tag. Die Empfehlung des heiligen Franz von Sales in der „Philothea“ passt da gut dazu: „Gefällt es Gott, uns zur Vollkommenheit der Engel zu erheben, dann werden wir auch gute Engel sein. Vorläufig aber üben wir uns einfach, demütig und eifrig in den kleinen Tugenden, deren Erwerb der Herr unserer Sorge und unserem Eifer anvertraut hat“ (DASal 1,112).

Und das dritte, das ich mir mitnehme, ist der Überfluss. Die heilsame Wirkung Jesu ist unvorstellbar reich und überfließend. Die Kleinigkeit von fünf Broten und zwei Fischen macht nicht nur tausende Menschen satt, es bleiben sogar noch zwölf Körbe übrig. Wer auf Gott vertraut, wird im überfließenden Maße reich beschenkt, selbst dann, wenn der Mensch nur Kleinigkeiten anzubieten hat.

Franz von Sales meint: „Das Herz Gottes ist so überfließend reich an Liebe, das Gute in ihm ist derart unendlich, dass alle es besitzen können, ohne dass der einzelne dadurch weniger besitzt. Diese Unendlichkeit an Güte kann nicht ausgeschöpft werden“ (DASal 4,207).

Das also möchte ich heute von diesem „Wunder der Brotvermehrung“ in den Alltag mitnehmen: Ich bin Gott nicht egal, er schaut mich mit seinen barmherzigen Augen an. Er bittet mich, dass ich ihm vertraue und einfach das mache, was ich kann … und in diesem Vertrauen beschenkt er mich im überfließenden Maß. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS