P. Konrad Lienhard

Predigt zum Requiem P. Konrad Lienhard (Röm 8,35.37-39, Joh 20,1.11—18)

Bereit sein – Licht sein – Liebe sein

Viele Menschen haben für sich einen Leitspruch, ein Lebensmotto, das ihnen wichtig ist und in dem viel zum Ausdruck kommt von dem, wie sie leben wollen.

Als Konrad und sein Zwillingsbruder Josef 1971 zum Priester geweiht wurden, wählten sie für sich als Leitspruch: „Bereit sein – Licht sein – Liebe sein“.

Wenn wir heute auf den Lebensweg von Konrad schauen, dann kann man sehen, finde ich, dass dieser Leitspruch sehr gut zu ihm gepasst hat.

„Bereit sein.“ Konrad war bereit zu einem intensiven Leben mit Gott und den Menschen. Er war bereit, viele junge Menschen in Paderborn im Rahmen der KIM-Arbeit zu begleiten. Er war voller Leidenschaft da für Jugendliche, die im Gefängnis gewesen waren. Das hat mich damals als Jugendlichen sehr beeindruckt. Er war da für viele, die den Wehrdienst verweigern wollten, er hat sie beraten und begleitet.

Konrad war bereit für unterschiedlichste Menschen in einer Pfarrgemeinde da zu sein, er war in Holzbüttgen ein unkonventioneller Pfarrer, mit vielen Ideen, mit Freude am Neuen – auch in der Liturgie; oberflächliches Geschwätz konnte er nicht ausstehen. Er war als Religionslehrer für viele Schülerinnen und Schüler ein prägender Begleiter und leitete mit großer Begeisterung auch das Internat in Haus Overbach – bis an die Grenzen seiner Kraft und darüber hinaus. Nichts war ihm zu viel, rund um die Uhr war er da.

Konrad war an allen Orten, wo er wirkte, für viele Menschen durch Seelsorge und Predigt ein ganz wichtiger Wegbegleiter – an vielen Orten bis zuletzt in Neuburg und Umgebung für die Kranken, die Schwestern und die Gemeinden, in denen er Gottesdienste feierte. Wenn er predigte, tat er das voller Energie und Ernsthaftigkeit, wild und sehnsuchtsvoll, immer existenziell, voll und ganz dabei. Konrad war ein Mensch, der sich nicht verstellte, der authentisch und ehrlich lebte, ohne sich zu schonen, ein Kämpfer und Querdenker, ein Mann mit Mut und klaren Worten, mit Fragen und Ringen. Konrad war bereit – bereit zu einem intensiven Leben mit Gott und den Menschen.

„Bereit sein – Licht sein.“

Vor 20 Jahren begann er mit Pater Bernd ein Straßenkinderprojekt in Ghana, aus dem ein ganz großes Projekt wurde: die „Aktion Lichtblicke“. Konrad hatte ein Herz für Menschen in Not. Es trieb ihn um die Not in der Welt. Er wollte nicht nur darüber reden und die Not beklagen, er wollte was tun – und er hat es getan – mit großem Einsatz.

 

Für viele war er selber ein Lichtblick – und mehr: ein Feuer voller Lebendigkeit, das Wärme gab und ansteckend war. Er machte das Leben vieler Menschen bei uns und in Ghana heller und hoffnungsvoller. Konrad hat nicht auf Sparflamme gelebt, sondern sich in seinen Aufgaben verzehrt.

Wer ihn gekannt hat, erinnert sich daran, was er uns gegeben hat, jedem ganz persönlich. Wir tragen dieses Licht in uns. Licht ist ansteckend.

Frühmorgens ist er verstorben, bevor es hell wurde.

Frühmorgens, als es noch dunkel war, ging Maria von Magdala zum Grab.

Am Morgen nach seinem Tod wurde eine Kerze im Zimmer von Konrad entzündet, auf der das Bild „Der Weg ins Licht“ gemalt ist. Jemand ist die letzten Stufen hinaufgegangen und steht nun im Licht.

Konrad, der vielen Menschen Licht brachte, ist nun ins Licht gegangen. Er wird Gott schauen von Angesicht zu Angesicht, Christus, den er verkündigte mit Leib und Seele. Und alles wird hell, das Dunkle wird verwandelt, das Schwere fällt ab – er wird erwartet – und von Gottes Licht und Wärme ganz durchdrungen und erfüllt sein.

„Bereit sein – Licht sein – Liebe sein“

Was zählt, ist die Liebe – sie bleibt.

Bei meiner Primiz hat er gepredigt über den Text aus der heutigen Lesung: „Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?!“ (Röm 8,35)

Bedrängnis und Not überwinden wir durch die Liebe. Die Bedrängnis des Lebens und des Leidens wird durch die Liebe erträglicher. Konrad wurde begleitet von Menschen, die sehr für ihn da waren, von seinem Bruder Josef, von anderen von hier, von Verwandten, Freunden und wichtigen Weggefährten.

Und Gott war bei ihm. Gottes Liebe und Leidenschaft waren der rote Faden seines Lebens. Davon kann ihn und uns nichts trennen – auch nicht der Tod. Wer trotz allem an die Liebe glaubt, trotz aller Bedrängnis, allem Kummer, allem Bitteren, wird auch im Tod erleben, dass Gott Leben schenkt, ewiges Leben. Seine Liebe ist unsere Bleibe, unsere Heimat für immer.

„Die Zeit, Gott zu suchen, ist das Leben. Die Zeit, Gott zu finden, ist der Tod. Die Zeit, ihn zu besitzen, ist die Ewigkeit“, sagt Franz von Sales.

Konrad war ein Gottsucher – und ein wichtiger Begleiter für viele Menschen in ihrer Suche nach Gott. Hier auf Erden gehört zur Suche nach Gott alles, was wir erleben – der Alltag und das Fest, Enttäuschungen und Glück, Schuld und Barmherzigkeit, unsere Grenzen und Gottes Weite, die Freude und das Leid. Und im Tod endet die Suche und wir kommen an – wir finden ans Ziel – finden die ewige Liebe – und werden – wie Augustinus sagt – „Gott genießen“. Das wünsche ich Dir, Konrad, sehr: Gott nun ganz intensiv zu genießen!

Zu Maria von Magdala sagte Jesus am Ostermorgen „Maria!“ – und sie zu ihm: „Rabbuni!“

Ich glaube fest daran, auch weil Konrad es so bezeugt hat und weil es das Evangelium ist, dem er sich verschrieben hatte, das er leben wollte und gelebt hat – dass Jesus ihn nun persönlich ansprechen wird: „Konrad!“  – Und Konrad kann zu ihm sagen: „Jesus!“

Und Jesus wird ihn herzlich anschauen und vielleicht das Folgende zu ihm sagen oder noch viel Schöneres: „Konrad, Du warst bereit – und bist es auch jetzt. Komm, alles ist bereit! Komm und empfange mein Licht und meine Liebe ohne Ende!“ Amen.

Michael Lienhard – Neffe von Pater Konrad und Pfarrer in der Seelsorgeeinheit Stockach