Niemanden ausgrenzen

Die Gehörlosenseelsorge der Erzdiözese Wien feierte 2017 ihr 100-jähriges Bestehen, also genau in dem Jahr, in dem der heilige Franz von Sales, der Schutzheilige der Gehörlosen, seinen 450. Geburtstag beging. Aus Anlass dieses „Doppel-Jubiläums“ feierten die Gehörlosen der Erzdiözese Wien zusammen mit der Pfarrgemeinde des heiligen Franz von Sales am Sonntag, 29. Oktober 2017, in der Kirche von Glanzing gemeinsam eine Eucharistiefeier.

Franz von Sales und der gehörlose Martin

Pater Alfred Zainzinger von der Ordensgemeinschaft der Trinitarier und seit 15 Jahre Gehörlosenseelsorger war Hauptzelebrant, Dr. Maria Schwendenwein, seit 50 Jahren ehrenamtlich in der Gehörlosenseelsorge tätig, übernahm die Übersetzung in die Gebärdensprache und zurück. Etwa vierzig Gehörlose nahmen an dem für alle beeindruckenden Gottesdienst teil. Pantomimisch stellten sie dar, warum der heilige Franz von Sales 1869 zu ihrem Schutzpatron ernannt wurde. Während einer Visitationsreise lernte Franz von Sales den gehörlosen Martin kennen. Aufgrund seiner einfühlsamen Art schaffte er es, sich mit Martin durch Gebärden zu unterhalten. Er stellte ihn in seinem Bischofshaus als Gärtner an und begann ihm Religionsunterricht zu erteilen. Das ging so gut, dass Martin zur Erstkommunion und Firmung und sogar zu Beichte gehen konnte. In einer Zeit, in der Gehörlose in der Gesellschaft als geistig Behinderte abgestempelt wurde und auch in der Kirche keine Bedeutung hatten, da nach dem Apostel Paulus der Glaube vom Hören komme, war dies etwas völlig Neues und Einzigartiges.

Das Hauptgebot der Liebe verwirklichen

Pater Alfred Zainziger betonte in seiner Predigt, dass das Verhalten des heiligen Franz von Sales ein besonderes Beispiel dafür ist, wie ein Christ das Hauptgebot der Liebe – die Gottesliebe und die Nächstenliebe – durch sein Handeln verwirklichte. Franz von Sales wird damit zum Vorbild für uns alle, dass wir Christen niemanden wegen einer Behinderung oder deshalb ausgrenzen dürfen, weil er anders oder fremd ist.

Im Anschluss an die Heilige Messe wurden die Gehörlosen zusammen mit den Pfarrmitgliedern zum gemeinsamen Pfarrcafe und gemütlichen Beisammensein eingeladen.

P. Herbert Winklehner OSFS