Predigt zum Pfingstfest (Joh 20,19-23)

Bilder des Heiligen Geistes

von Gott Vater sollen wir uns kein Bild machen … seine Größe heißt Unbegreiflichkeit. Jesus Christus, der Sohn Gottes, hat sich selbst ins Bild gesetzt: er ist Mensch geworden. Bilder von ihm finden wir überall, vom Kind in der Krippe bis zum Gekreuzigten.

Und der Heilige Geist? Die Bilder, die es von ihm gibt, machen deutlich, dass wir Menschen bei der Vorstellung des Heiligen Geistes herausgefordert sind, kreativ und phantasievoll zu sein.

Die Bibel kennt nicht nur das Bild von der Taube, die vom Himmel herabsteigt, begleitet von der Stimme: „Dies ist mein geliebter Sohn – auf ihn sollt ihr hören.“ In der heutigen Lesung ist von den Feuerzungen die Rede und vom Sturm, der die Jüngerinnen und Jünger Jesu hinaustreibt in die Welt.

Der heilige Franz von Sales liebt bei der Beschreibung des Heiligen Geistes vor allem das Bild vom Atem Gottes. Er nennt ihn sehr poetisch den „Liebeshauch Gottes“ und erinnert damit an das Evangelium, das wir heute gehört haben. Jesus Christus kommt in den Abendmahlssaal und haucht seine Jünger an. Dabei sagt er: „Empfangt den Heiligen Geist – Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert“.

Dieses Einhauchen des Atems Gottes erinnert auch an die Schöpfung, wo es heißt: Gott blies in die Nase des Menschen den Lebensatem. Auf diese Weise wurde der Mensch ein lebendiges Wesen.

Ein weiteres Bild, das Franz von Sales für den Heiligen Geist verwendet, ist das Bild von der überströmenden Quelle, die unser Herz umspült, damit in uns die Sehnsucht nach Gott und seiner Liebe geweckt wird.

Ebenso ist der Heilige Geist für Franz von Sales der „Strahlenglanz“ der gleich der Sonne unser Herz mit der Wärme spendenden Liebe Gottes erleuchtet.

All diese unterschiedlichen Bilder haben eines gemeinsam: es geht immer um Lebendigkeit, Energie, Dynamik, Bewegung. Der Heilige Geist ist also der Beweger, der Motor, der das Werk Gottes und all jener, die damit zu tun haben, vorantreibt und Stillstand verhindert. Er ist der Beistand, der uns tröstet, begleitet, ermutigt, kräftigt, damit wir auf unserem Weg durch das Leben nicht aufgeben. Er ist es, der uns – wie Franz von Sales schreibt – von Stufe zu Stufe der vollkommenen Liebe Gottes näher bringt und uns anfeuert, damit wir nicht mutlos werden, sollten wir auf diesem Weg einmal fallen und nicht weiterkommen.

Heute feiern wir diesen Heiligen Geist und wir danken für die Gaben, die er über uns ausgegossen hat. Auch diese berühmten sieben Gaben weisen allesamt daraufhin, dass dieser Heilige Geist unser Leben ist, unsere Kraft, die uns antreibt und befeuert: Weisheit, Rat und Stärke, Einsicht und Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht – diese Gaben sind der Treibstoff für unsere Seele, damit sie nicht stillsteht, sondern lebendig bleibt.

Das Pfingstfest fordert uns alle heraus, Eigenschaften für Gott zu entdecken, die mit Bewegung, Leben und Energie zu tun haben: Sonne, Quelle, Sturm, Feuer, Atem und Liebeshauch. Wir dürfen kreativ und fantasievoll sein, wenn es darum geht, die Spuren des Heiligen Geistes in uns und um uns zu beschreiben:

Der Heilige Geist ist wie ein helles, leuchtendes Feuer, das unsere Dunkelheit erhellt und unsere Liebe entfacht.

Der Heilige Geist ist wie ein kühlender Hauch, der uns tröstet und in unserer Sorge um unsere Zukunft besänftigt.

Der Heilige Geist ist wie eine kräftige Brise, in der wir mutig unsere Segel setzen und neuen Horizonten zusteuern.

Der Heilige Geist ist wie ein Gewitter, das die Luft reinigt.

Der Heilige Geist ist wie Wasser, das nach der Dürre neue Blüten sprießen lässt.

Der Heilige Geist ist Herr unseres Lebens und unserer Geschichte. Er ist es, der lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten, und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.

Wir alle sind herzlich eingeladen, kreativ und phantasievoll zu sein, wenn wir über den Heiligen Geist nachdenken und ihn als Herrn unseres Lebens und unserer Geschichte preisen, der uns zeigt, welchen Auftrag wir in dieser Welt von heute zu erfüllen haben, und der uns hilft, diesen Weg auch zu gehen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS