Predigt zum Jahresschluss (Joh 1,1-18)
Sich vom Licht Gottes erleuchten lassen
„Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Furcht, sondern mit Hoffnung.“ Diese Aussage, die dem heiligen Franz von Sales zugeschrieben wird, erinnert uns an die Hoffnung, die uns von Jesus Christus geschenkt ist. Diese Hoffnung soll unser Leben erleuchten, gerade in Zeiten so vieler Krisen, die die Welt derzeit erlebt, und auch im kommenden Jahr erleben wird.
Zehn Jahre vor seinem Tod, am 31. Dezember 1622, schrieb der heilige Franz von Sales an eine Verwandte einen Brief, in dem er sich Gedanken zur Jahreswende machte. Er schrieb:
„Da stehen wir also am Ende dieses Jahres und morgen am Beginn des neuen. Müssen wir da nicht Gott preisen für die vielen Gnaden, die wir empfangen haben?“ Dann fügt er den Wunsch an: „So geschehe es, dass wir durch diese flüchtigen Jahre glücklich zum dauernden Jahr der hochheiligen Ewigkeit gelangen können“ (DASal 6,216).
Darum geht es also dem heiligen Franz von Sales am Ende eines Jahres und am Beginn eines neuen:
Erstens: Gott Danke sagen für das Gute, das er uns geschenkt hat, selbst dann, wenn dieses Gute von viel Dunkelheit überlagert wurde. Es gibt trotzdem immer auch die Hoffnungslichter. Und zweitens: Gott bitten, dass wir im kommenden Jahr in unserem Leben unser Ziel, nämlich die „hochheilige Ewigkeit“ nicht aus den Augen verlieren.
Genau deshalb sind wir jetzt hier und feiern eine Heilige Messe an der Wende vom alten zum neuen Jahr. Gerade haben wir den großartigen Johannesprolog gehört, der uns deutlich macht: Inmitten der Dunkelheit erstrahlt ein helles Licht. Das Wort Gottes ist Fleisch geworden, sein Licht leuchtet in der Finsternis. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
Dieses Licht am Ende eines Jahres in unserem Leben jedes Jahr neu zu entdecken und dafür danke zu sagen, ist unsere Aufgabe. Egal, wie dieses letzte Jahr auch gewesen ist, mit seinen Höhen und Tiefen, Gelungenem und Misslungenem, der Freude und dem Schmerz, seinen Erfolgen und Herausforderungen … unser Glaube sagt: Das Licht leuchtet in der Finsternis. Das ist die unerschütterliche Hoffnung und Zuversicht, die uns Gott durch seine Menschwerdung geschenkt hat. Und da können noch so viele Krisen auf uns einströmen, dieses Licht kann nicht zerstört werden.
Wichtig ist, dass wir das in unserem Leben nicht vergessen. Die Welt erkannte ihn nicht, mahnt der Evangelist Johannes … und Franz von Sales erinnert uns daran, dass wir an die Ewigkeit denken sollen – also an dieses ewige Licht, das uns geschenkt und verheißen ist. Unser Leben findet nicht nur hier auf Erden statt, ein Jahr, fünfzig Jahre, hundert Jahre, nein: unser Leben ist ewig – und die Jahre hier auf Erden sind nur dazu da, um in die Ewigkeit zu gelangen.
In einer Kirche kann es noch so dunkel sein, das ewige Licht vor dem Tabernakel leuchtet trotzdem und sagt uns: Gott ist da, mitten unter uns, es lässt sich von keiner Dunkelheit besiegen.
Lassen wir uns also am Ende dieses Jahres von Gott erleuchten, nehmen wir ihn auf in unser Herz, und vergessen wir nicht unser Ziel, für das wir geschaffen sind. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS