Predigt zum Hochfest der Gottesmutter Maria – Neujahr (Lk 2,16-21)

Drei wesentliche Elemente

am Beginn eines neuen Jahres nutzt man vielleicht auch die Zeit, um über sein Leben nachzudenken. Was war? Was ist? Und was wird sein?

Der heilige Franz von Sales tat dies auch, und einmal kam er zu folgendem Ergebnis: „Unser Leben“ so sagte er, „gleicht einem … Gehen über vereistes Land. Alles, was uns da in den Weg kommt, kann uns Anstoß sein, das Gleichgewicht zu verlieren und hinzufallen: bald ist es ein Ärger, bald ein Gerede, bald schlechte Laune, in der uns kein Mensch etwas recht machen kann. Dann wieder ekelt uns der Beruf an, weil wir in einem Anfall von Schwermut glauben, dass wir doch nichts leisten. Kurz, alles Mögliche kommt da in unserer seelischen Kleinwelt vor“ (DASal 2,56).

Ob dies mit unserer eigenen persönlichen Lebensanalyse übereinstimmt, die wir am heutigen Tag anstellen, ist eigentlich zweitrangig. Viel wichtiger ist die Konsequenz aus unserem Nachdenken über das Leben – wie es war, wie es ist, und wie es wohl werden wird.

Und hier hält sich der heilige Franz von Sales an das Evangelium. Und so wäre es auch für uns einmal sinnvoll, auf das Evangelium des heutigen Tages zu blicken und zu schauen, welche Aussagen darin uns für unser Leben helfen können.

Ich habe für mich darin drei wesentliche Elemente entdeckt:

Erstens: „Alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten“. Es geht also um das Staunen. Das sollte in unserem Leben nicht verloren gehen – vor allem das Staunen über die Größe und Unbegreiflichkeit Gottes, über das Wunder seiner Menschwerdung inmitten unserer Welt, über sein Erlösungswerk durch Kreuz und Auferstehung, sowie das Staunen darüber, dass für jede und jeden von uns eine Wohnung bereitet ist in seiner ewigen, unendlichen liebenden Gegenwart.

Das Zweite, das ich im heutigen Evangelium für mich entdeckte, ist der Satz: „Maria bewahrte alles in ihrem Herzen und dachte darüber nach.“ – Auch diese marianische Grundhaltung ist ein wichtiger Aspekt für das eigene Leben. Gott in seinem Herzen bewahren und darüber nachdenken. Das bedeutet, das zu tun, was auch Franz von Sales den Menschen immer wieder sagte: Gott zu einer Herzensangelegenheit machen. Lass Gott in dein Herz hinein. Sich theoretisch mit ihm auseinanderzusetzen, ist gut, aber nur der erste Schritt. Irgendwann kommt die Frage, die Jesus auch dem Petrus dreimal stellte: „Liebst du mich?“. Gott ist keine Sache, kein Objekt philosophisch-theologischer Forschung, er ist ein Du, das liebt und geliebt werden möchte – und zwar aus einer freien Entscheidung heraus.

Und schließlich das dritte Element: „Man gab ihm den Namen Jesus“. Jesus bedeutet: Gott heilt – Jesus ist der Heiland. Er ist der Immanuel, der Gott mit uns. Franz von Sales war davon überzeugt, dass das würdevolle, also nicht achtlos aussprechen des Namens Jesus Wunder wirken kann. Die alte Tradition des Jesus-Gebetes besagt nichts anderes: „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner“. Wer mit dem Aussprechen des Namens Jesu stirbt, dem öffnet sich der Himmel – so war Franz von Sales überzeugt. Der Name Jesus wirkt wie ein Schlüssel zum Paradies. Es geht nicht darum, eine Zauberformel für das Glück zu haben, es geht darum, dass mir bewusst wird, dass ich in allen Situationen meines Lebens, in den guten ebenso wie in den schlechten, von der Gegenwart des liebenden Gottes getragen werde. Daher möchte Franz von Sales, dass der Name Jesus in mein Herz geschrieben ist, damit ich genau das nicht vergesse.

Staunen über die Größe Gottes – Gott im Herzen bewahren – und der Name Jesus als Erinnerung an die liebende Gegenwart Gottes, das könnten zu drei Grundpfeilern für mich im neuen Jahr werden, damit ich eben bei meiner Wanderung durch das kommende Jahr gut vorankomme. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS