Predigt zum Fest Taufe des Herrn (Jes 42,5a.1-4.6-7; Lk 3,15-16.21-22)

Absage an den strafenden Gott

vor einiger Zeit wurde mir ein Buch zugeschickt, weil die Autorin dazu meine Meinung wissen wollte und vor allem wollte sie, dass ich für ihr Buch Werbung mache.

An und für sich war ihr Werk gar nicht so schlecht, ein Kapitel aber störte mich gewaltig, nämlich jener Teil, in dem sie sich mit dem strafenden Gott beschäftigt. Sie behauptete, dass es eindeutig erwiesen sei, dass Gott die Menschen bestraft, und zwar seit Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden.

Ich bekam richtig Angst vor dem, was sie da schrieb – und Angst ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass da etwas nicht stimmt. So hat es mir jedenfalls der heilige Franz von Sales gelehrt, der sagte: „Mein Gott, haben Sie keine Angst, dass [Gott] Sie jemals im Stich lassen wird. Nein, eher würde Ihnen Gott, wenn nötig, einen Engel schicken, Sie zu führen“ (DASal 5,88).

Trotzdem ist mir auch klar, dass der Mensch durchaus sehr gerne dazu bereit ist, mit Gott anderen Angst zu machen. Wenn uns etwas nicht in den Kram passt, zimmern wir uns einfach einen göttlichen Zeigefinger, mit dem wir drohen können. Wehe, wenn du nicht brav bist, dann wird Gott dich dafür büßen lassen. Und wenn irgendetwas Böses auf der Welt geschieht, dann hat man auch ganz leicht eine Erklärung zur Hand: Gott hat uns eben wieder einmal bestraft und wir sollen froh darüber sein, denn diese Strafe bleibt uns dann im ewigen Leben erspart.

Nur: So einfach ist das wirklich nicht. Theologisch betrachtet ist diese Instrumentalisierung Gottes sogar brandgefährlich, weil ich mich damit als Richter aufspiele, der genau oder sogar noch besser weiß, was Gott zu tun und zu lassen hat.

Das heutige Fest Taufe des Herrn liefert uns glücklicherweise eine klare Absage an den strafenden Gott – sowohl in der Lesung durch die Worte des Profeten Jesaja, als auch durch das Evangelium von der Taufe Jesu.

Bei Jesaja finden wir die Worte, die auch Jesus später in seiner Botschaft verwenden wird: Gott ist ein Gott, der „das geknickte Rohr nicht zerbricht, und den glimmenden Docht nicht auslöscht“; im Gegenteil: Gott „bringt wirklich das Recht.“

Gott bringt das Recht, nicht die Ungerechtigkeit, er ist nämlich die Liebe und nicht die Strafe. Gerade deshalb ist er Mensch geworden und ist den Kreuzweg gegangen, damit das endlich alle Menschen begreifen.

Als sich Jesus in der Wüste taufen ließ, öffnete sich der Himmel, und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“

Das ist es, was uns Gott bis zum heutigen Tag mitteilen möchte: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter“ – an dir habe ich Gefallen gefunden.

Beim Nachdenken über die Taufe des Herrn und dem Heiligen Geist in Gestalt einer Taube, kam der heilige Franz von Sales zum Schluss: „Ich überlegte, dass der Heilige Geist die Liebe des Vaters und des Sohnes ist und dass ich euch daher auch Gesetze geben muss, die ganz Liebe sind“ (DASal 2,97).

Wenn der Heilige Geist in Gestalt einer Taube beschrieben wird, dann erinnert uns das an jenes Ereignis, wo die Bibel einen endgültigen Schlussstrich zum strafenden Gott zieht. Die Taube erinnert an das Ende der Sintflut und an den Bund, den Gott mit Noach und damit mit allen Menschen schloss und wo er den Menschen versprach: „Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden“ (Gen 9,11).

Aus dem tödlichen Wasser der Flut wird das lebendige Wasser der Taufe, in das jeder Mensch eingeladen ist einzutauchen, damit Gott sie oder ihn als geliebte Tochter, als geliebten Sohn bestätigt.

„Durch die Taufe“, so schreibt Franz von Sales, „hat [Gott] uns zu den Seinen gemacht, hat uns mit unvergleichlicher Liebe Nahrung für Herz und Leib gegeben!“ (DASAl 4,56).

Daran werden wir heute erinnert … Gott straft nicht, vor ihm brauchen wir keine Angst zu haben, er ist der Gott der Liebe. Oder wie der 2011 verstorbene deutsche Pfarrer und Religionslehrer Elmar Gruber ganz im Sinne des heiligen Franz von Sales einmal schrieb:

„Gott ist da für dich – wie Wasser. Er nimmt dich an, so wie du bist, damit du in seiner Liebe glücklich leben kannst und durch Glaube, Hoffnung und Liebe alles Böse überwindest. In der Taufe berührt dich Gott mit Wasser. Du tauchst ein in die Liebe Gottes.“ Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS