Predigt zum 2. Sonntag im Jahreskreis (Joh 2,1-11)
Die Hochzeit von Kana
1621, also ein Jahr vor seinem Tod, predigte der heilige Franz von Sales auch über die Stelle des heutigen Evangeliums, die Hochzeit von Kana (DASal 9,376-389)… es war eine sehr lange Predigt. Sie dauerte, wie es damals üblich war, sicher mehr als eine Stunde. Das wäre für heutige Verhältnisse auch für eine Festpredigt eindeutig zu lange, und so möchte ich jetzt einfach seine wesentlichen Gedanken zusammenfassen. Worauf kam es Franz von Sales bei dieser Hochzeit von Kana an … was sollen wir daraus für unser Leben heute lernen:
Das erste ist die Bedeutung der Heiligen Messe. Franz von Sales erkennt nämlich einen Zusammenhang zwischen dem ersten und letzten Wunder Jesu, das seine Herrlichkeit offenbart: Das erste Wunder verwandelt Wasser in Wein, sein letztes Wunder den Wein in sein Blut. Und deshalb folgert Franz von Sales: „Wir müssten dieses göttliche Sakrament jeden Tag hunderttausendmal anbeten als Dank für die Liebe, mit der Gott unter uns weilt“ (DASal 9,380).
Ein zweiter Aspekt ist die Tugend der Höflichkeit, die für Franz von Sales bei dieser Hochzeit von Kana deutlich wird. Jesus nahm die Einladung zur Hochzeit aus Höflichkeit an und seine Anwesenheit bewirkte auch unter den Gästen, dass es zu keinen Ausschweifungen kam. Offenbar flossen hier seine eigenen Erfahrungen mit Hochzeiten ein, wo er erlebte, dass Gott dabei eine ganz geringe Rolle spielt. Bei der Hochzeit von Kana war es nicht so. Die Anwesenheit Jesu und seine „ganz sanfte, umgängliche und höfliche Umgangsform“ bewirkte, dass „man sich sehr zurückhielt.“ (DASal 9,381)
Der dritte Aspekt betrifft das Bittgebet. Franz von Sales bewundert die schlichte Art, mit der Maria Jesus Christus um Hilfe bittet. Sie sagt schlicht und einfach: „Sie haben keinen Wein mehr.“ Und in dieser schlichten Einfachheit sieht er das Vorbild für alle Bitten, die wir zu Gott hintragen. Einfach sagen, was ist, nicht mehr und nicht weniger. „Es ist … ein sehr gutes Gebet, sich damit zu begnügen, Unserem Herrn seine Nöte vorzustellen, sie ihm vor Augen zu halten und ihn machen zu lassen … Du weißt wohl, wessen ich bedarf. Es genügt mir, dir zu zeigen, was ich bin“ (DASal 9,382). Jedes Bittgebet soll genauso ablaufen, immer mit dem Hinweis „dein Wille geschehe, nicht der meine“ (Lk 22,42).
Franz von Sales beschäftigt sich natürlich auch mit der „auf den ersten Blick recht schroffen“ (DASal 9,384) Antwort Jesu. „Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Ob uns die Interpretation des heiligen Franz von Sales zufriedenstellt, ist allerdings eine andere Frage. Franz von Sales meint nämlich: „Diese Antwort war ganz liebevoll, und die heilige Jungfrau, die sie richtig verstand, fühlte sich dadurch als die am meisten geehrte Mutter, die es gab.“ Maria verstand nämlich sofort, dass Jesus nicht sie persönlich meinte, sondern die Welt, der er eine Lehre erteilen wollte. Nämlich: „Freunderlwirtschaft“ oder „Vitamin B“ ist Amtsmissbrauch und funktioniert bei mir nicht. Das hat Maria sofort begriffen, und daher sagte sie danach auch sofort: „Was er euch sagt, das tut!“
Und schließlich ein letzter Aspekt: Das Wunder der Verwandlung des Wassers in den Wein ist für Franz von Sales ein Hinweis auf die Gefahr der Lauheit unter den Christen. Unser Glaube plätschert manchmal einfach so dahin. Das Weinwunder zu Kana zeigt uns: „Wenn wir das Wasser der Lauheit in den Wein der Liebe verwandeln wollen, müssen wir alles tun, was [Jesus] uns sagen wird. Das ist sehr wichtig“ (DASal 9,388). Und Franz von Sales schließt seine Predigt mit den Worten: „Vergeudet die Zeit nicht mit unnützen Gedanken … Gebt euch nicht mit Albernheiten ab … übt das gut, was man euch bisher gelehrt hat, und vertraut auf die Vorsehung Gottes, denn er wird nicht versäumen, euch zu verschaffen, was ihr braucht“ (DASal 9,388-389).
Das sind also die Impulse, die Franz von Sales aus dem heutigen Evangelium herausgelesen hat: die zentrale Bedeutung der Eucharistie, die schlichte und einfache Art des Bittgebetes, die Absage an jede Art von Freunderlwirtschaft und Amtsmissbrauch und die Wandlung unserer Lauheit in den Wein der Liebe, indem wir tun, was er uns sagt. Ob uns all diese Gedanken weiterhelfen, muss eine jede und ein jeder von uns selbst entscheiden. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS