Predigt zum Fest Heiliger Leopold (Lk 19, 12-26)
Zum Ehre Gottes und zum Wohle der Menschen
Was verbinden wir mit dem heiligen Leopold, dem Markgrafen von Österreich, der vor 900 Jahren lebte und heute als Nationalpatron von Österreich und Landespatron von Wien, Niederösterreich und Oberösterreich verehrt wird?
Natürlich denken wir an das Augustiner Chorherrnstift Klosterneuburg, das er gründete und wo er auch begraben wurde. Oder das Zisterzienserstift Heiligenkreuz, das er ebenfalls gründete, genauso wie das Benediktinerkloster Klein-Mariazell. Vielleicht denken wir auch an die Legende vom Brautschleier, der vom Wind verweht und neun Jahre später wiedergefunden wurde. Zusammen mit seiner Frau Agnes soll er sechszehn Kinder gehabt haben, manche sagen sogar achtzehn. Zum Vorbild für uns wurde und ist der heilige Leopold allerdings durch die Art und Weise, wie er sein Land regierte. Er war stets darauf bedacht, alle Probleme – die politischen wie die persönlichen – friedlich zu lösen und damit dem Wohl der Menschen zu dienen. Um des Friedens willen verzichtete er zum Beispiel auf die ihm zustehende Kaiserkrone, um einen Nachfolgestreit unter seinen Söhnen zu vermeiden. Der Friede war ihm eben wichtiger, weil er als Herrscher davon überzeugt war, dass Streit, Hass, Rache oder Krieg nie ein Problem lösen, sondern alle darunter zu leiden haben. Aufgrund seiner umsichtigen Art des Herrschens erhielt er in der Tradition der Kirchengeschichte daher auch die Beinamen „Der Fromme“, „Der Milde“ oder der „Freigebige“.
Im heutigen Gleichnis, das wir zum Evangelium gehört haben, wird davon erzählt, wie die Diener auf unterschiedliche Weise mit dem Vermögen des Königs umgehen. So ähnlich betrachtete sich auch der heilige Leopold: Er verstand sich als Diener Gottes, und Gott hat ihm die Verantwortung übergeben, dass er mit seinem Vermögen, seinen Gaben und Talenten, die er ihm anvertraute, gut umgehe und alles tue, damit Gottes Größe unter den Menschen vermehrt wird. Die Menschen sollen erkennen, dass Gott es ist, dem sie alles verdanken, und dass Gott es ist, der gelobt und gepriesen werden soll. Auf diese Weise hat der heilige Leopold in seiner mehr als vierzigjährigen Regierungszeit mitten in einer wirren Zeit die Grundlagen für die künftige Größe Österreichs geschaffen. Deshalb ist er der Nationalpatron Österreichs und der Landespatron der Bundesländer Wien, Niederösterreich und Oberösterreich geworden.
„Bei der Schöpfung befahl Gott den Pflanzen, Frucht zu tragen, jede nach ihrer Art (Gen 1,11).“ So schreibt der heilige Franz von Sales in seinem berühmten Buch „Philothea“. „So gibt Gott auch den Gläubigen den Auftrag, Früchte der Frömmigkeit zu tragen; jeder nach seiner Art und seinem Beruf. Die Frömmigkeit muss anders geübt werden vom Edelmann, anders vom Handwerker, Knecht oder Fürsten, anders von der Witwe, dem Mädchen, der Verheirateten. Mehr noch: die Übung der Frömmigkeit muss auch noch der Kraft, der Beschäftigung und den Pflichten eines jeden angepasst sein.“ (DASal 1,37).
Der heilige Leopold ist ein Beispiel dafür, wie ein Edelmann und ein Fürst auf seine Art Früchte der Frömmigkeit hervorbrachte, von denen man sogar noch heute, 884 Jahre nach seinem Tod am 15. November 1136 spricht. Er hat sich eben zu Herzen genommen, was der heilige Franz von Sales fünfhundert Jahre später so formuliert:
„Fürsten erfreuen und ehren die Bevölkerung durch ihren Besuch, wenn sie mit friedlichem Gefolge kommen; führen sie aber Heere mit sich, dann wird ihr Kommen immer als unangenehm und schädlich empfunden, selbst wenn es dem allgemeinen Wohl dient. … Ebenso hat es jeder gern und findet es recht, wenn die Vernunft herrscht und ruhig… zurechtweist“, ohne „Zorn und Heftigkeit.“ (DASal 1,130).
Bitten wir heute den heiligen Leopold um seine Fürsprache, damit er uns helfe, unseren Weg in der Nachfolge Jesu gut zu gehen, mit jenen Talenten und Fähigkeiten, die Gott uns geschenkt hat. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS