Predigt zum Fest Heilige Familie (Mt 2,13-15.19-23)
Auf der Flucht
So idyllisch, wie manche Künstler das Bild der Heiligen Familie darstellen, war es sicher nicht. Maria und Josef, und in der Mitte das Jesuskind. Der Abschnitt des Evangeliums, den wir gerade eben gehört haben, macht und das deutlich. Das erste, was diese Heilige Familie nämlich erleben musste, war Flucht und Asyl in einem fremden Land.
Flucht – das hieß auch schon vor 2000 Jahren, seine vertraute Heimat verlassen, weil entweder die Grundlagen zum Leben fehlen oder politische Verfolgung für Leib und Leben drohen.
Flucht – das hieß auch schon vor 2000 Jahren der Weg in eine unsichere Zukunft. Ein fremdes Land, als Fremder von den Einheimischen argwöhnisch beäugt, abhängig sein vom guten Willen der Menschen.
Der heilige Franz von Sales beschäftigte sich auch einmal in einer Predigt mit dieser Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten. Er beschrieb diese Situation mit folgenden Worten:
„Welche Prüfungen und welche Ausdauer des Heiligen [Josef] auf der Flucht nach Ägypten! Der Engel befiehlt [ihm], sich eilends aufzumachen, die Mutter und das göttliche Kind nach Ägypten zu bringen (Mt 2,13 f). Er geht sofort und fragt nicht lange: ‚Wohin in Ägypten? Welchen Weg soll ich einschlagen? Wie werde ich meine Familie ernähren können?‘ Er geht ins Ungewisse, mit seinem Werkzeug auf dem Rücken, um damit im Schweiße seines Angesichtes Brot für sich und die Seinigen zu verdienen. O, wie oft mag Verdrossenheit ihn gequält haben, umso mehr, da der Engel ihm nicht gesagt hatte, wie lange er in Ägypten zu bleiben habe! Er konnte sich also weder häuslich niederlassen, noch in Gemütsruhe dort bleiben, denn er wusste ja nicht, wann der Engel ihm befehlen würde zurückzukehren“ (DASal 2,301).
Und an einer anderen Stelle sagte Franz von Sales:
„Seht den ganz heiligen Josef und die allerseligste Jungfrau, die Lilien der Reinheit und Spiegel der Unschuld; wie werden sie von Herodes verfolgt, wie leiden sie auf der Flucht nach Ägypten. Seht den Gerechten der Gerechten, Christus den Herrn“ (DASal 9,167-168).
Wenn wir also das Bild der Heiligen Familie auf der Flucht betrachten, dann blicken wir nicht auf eine nette Urlaubsreise, sondern auf Angst, Verfolgung, Leid und Unsicherheit.
Aber wir blicken auch auf das Vertrauen, das die Heilige Familie in Gott setzte. Vielleicht haben die Künstler deshalb das Bild der Heiligen Familie so idyllisch dargestellt, um gerade dieses uneingeschränkte Vertrauen der Heiligen Familie in die Begleitung und Fügungen Gottes darzustellen.
Aber auch das wäre eine große Herausforderung für uns heute: Vertraue ich Gott wirklich in allem? So wie es die Heilige Familie getan hat? Egal wie sich mein Leben auch entwickelt – ob Erfolg oder Misserfolg, Gutes oder Schlechtes, ich werde nicht untergehen, denn die Engel Gottes begleiten mich? Gott ist bei mir, er verlässt mich nicht, und so wird letztendlich alles gut werden, selbst wenn ich nicht weiß, was das Ganze zu bedeuten hat. Setze ich heute, in meinem persönlichen alltäglichen Lebenslabyrinth, in Gott tatsächlich dieses Vertrauen, das die Heilige Familie auszeichnete?
Um dieses Gottvertrauen jedenfalls wirbt das heutige Evangelium. Es macht deutlich: Egal, was in deinem Leben auch geschieht. Ich, dein Gott, begleite dich. Mein Plan, den ich mit dir vorhabe, wird sich früher oder später erfüllen. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS