Predigt zum Fest der Gottesmutter Maria – Neujahr (Lk 2,16-21)

Was ich im Herzen bewahre …

Einer meiner Mitbrüder aus Amerika sagte letzten September: Am liebsten wäre es ihm, wenn man jetzt schon den Christbaum aufstellt und das Jahr beendet, denn dieses Jahr 2020 ist zum Vergessen.

Heute beginnen wir ein Neues Jahr. Wir beginnen dieses Jahr mit der Hoffnung, dass es besser wird als das alte, dass wieder etwas mehr Normalität einkehrt. Dass die Impfung gegen das Virus wirkt und dadurch die Zahlen der Ansteckungen, der Intensivpatienten und vor allem der Toten zurückgehen, damit wir wieder Aufatmen können, damit wir einander wieder gefahrlos begegnen können.

Als Christen beginnen wir dieses Jahr aber – so wie jedes Jahr – mit der Gottesmutter Maria, von der es im Evangelium heißt, dass sie alles, was geschehen war, in ihrem Herzen bewahrte. Und da stellte sich für mich die Frage, was denn ich heute, am Beginn des Neuen Jahres, vom letzten Jahr, das geprägt war von der weltweiten Corona-Pandemie, in meinem Herzen bewahren möchte. Interessanterweise ist mir da trotzdem eine ganze Menge eingefallen.

Ganz besonders denke ich da an die Feier der Osternacht in der leeren Kirche um 5.00 Uhr in der Früh. Es war Lockdown, es gab keine öffentlichen Gottesdienste, die Menschen waren nur symbolisch anwesend durch die brennenden Osterkerzen. Mich hat diese Erfahrung sehr beeindruckt, vor allem durch die große Stille, eine heilige Stille, die es mir viel leichter machte, mich auf die Texte der Bibel und der liturgischen Gebete zu konzentrieren. Sehr beeindruckend war, als mit dem Sonnenaufgang die Vögel zu zwitschern begannen, was man im leeren Kirchenraum sehr gut hören konnte. Die Auferstehung Jesu wurde in diesem Jahr begleitet vom Gesang der Vögel. Das bewahre ich sicher in meinem Herzen: den Wert der Stille, die es mir leichter macht, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Doch es gibt noch andere Dinge, die mir eingefallen sind. Zum Beispiel die Bedeutung der Solidarität. Die Pandemie hat uns deutlich gemacht, dass wir zusammengehören und jede Art von Individualismus und Egoismus der Welt schadet. Solidarität, das Miteinander, ist wichtig, wenn wir die Probleme unserer Welt lösen wollen.

Dazu gehört auch die Rücksicht, eine Tugend die uns die Corona-Pandemie wieder deutlich machte: Es geht nicht nur um mein eigenes Wohl, sondern es geht auch um das Wohl der anderen – und gerade um der Schwächeren willen ist es notwendig, Rücksicht zu nehmen und die kleinen Dinge zu tun, die überhaupt nicht schwer sind: Maske tragen, Hände waschen und Abstand halten, damit gerade jene Menschen geschützt werden, die am gefährdetsten sind.

Und noch etwas werde ich in meinem Herzen bewahren, nämlich die Kreativität. Wir haben im letzten Jahr in der Pfarrgemeinde viel Kreativität entwickelt, die uns half trotz der vielen Einschränkungen als Pfarrgemeinde aktiv zu bleiben. Vieles war nicht möglich, vieles ist aber auf andere Weise möglich geworden.

Und schließlich nehme ich mir noch das Gottvertrauen mit, das am Ende des heutigen Evangeliums durch den Namen Jesus zum Ausdruck kommt. „Man gab dem Kind den Namen Jesus“. Und dieser Name Jesus bedeutet: Gott rettet. Er weist uns daraufhin, dass Jesus der Retter und Erlöser der Welt ist. Ihm vertraue ich voll und ganz, im letzten Jahr genauso wie in diesem Jahr, das nun auf uns zukommt.

Ich schließe mit einem Wunsch, den der heilige Franz von Sales am Beginn des neuen Jahres an Johanna Franziska von Chantal schrieb. Er wünschte ihr „ein gutes und sehr heiliges Jahr …, ganz durchduftet vom Namen Jesus …. Kein Tag dieses Jahres … soll vergehen, der nicht … den milden Hauch dieses Namens empfange, der die höchste Süßigkeit verbreitet.“ (DASal 5,288) Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS