Predigt zum Fest der Gottesmutter Maria – Neujahr (Lk 2,16-21)
Doppeljubiläum 2022
mit dem Neuen Jahr 2022 beginnt für die so genannte „salesianische Familie“, also für all jene Frauen und Männer, die sich in unterschiedlichsten Gemeinschaften auf den heiligen Franz von Sales und dessen geistliche Freundin Johanna Franziska von Chantal beziehen, ein zweifaches Jubiläumsjahr. Am 23. Jänner feiert die heilige Johanna Franziska von Chantal ihren 450. Geburtstag. Und Ende dieses Jahres, am 28. Dezember denken wir an den 400. Todestag des heiligen Franz von Sales. Dazwischen wird es in der ganzen Welt immer wieder verschiedene Veranstaltungen geben, die auf diese Jubiläen hinweisen. Die Pfarre Franz von Sales etwa plant Ende August eine große Wallfahrt zu den Gräbern dieser beiden Heiligen nach Annecy in den französischen Alpen.
Was können uns diese beiden Heiligen für das neue Jahr 2022 mitgeben?
Das eine ist das Leben in der Gegenwart des liebenden Gottes. Das war für beide Heilige ganz besonders wichtig. Und das entspricht auch voll und ganz dem, was uns das heutige Evangelium vermittelt. Maria und Josef und die Hirten begriffen in diesem Stall von Betlehem: dieses Kind, das da in der Krippe liegt, ist der menschgewordene Sohn Gottes. Gott kommt zu uns, mitten in unsere Lebenswelt, in unseren Alltag, ja sogar und vor allem in unsere Herzen, um uns zu zeigen: Ich bin da. Ihr lebt in meiner Gegenwart.
„Machen sie sich immer wieder bewusst, dass sie in der Gegenwart Gottes leben“. Das ist daher auch der zentrale Rat, den uns der heilige Franz von Sales gibt, und den seine Schülerin, die heilige Johanna Franziska von Chantal ganz genau befolgte. Beide lebten aus dieser Gegenwart in allem, was sie taten, mit jedem Atemzug.
Was können wir von den beiden noch mit ins neue Jahr nehmen? Ich glaube, es ist das Gottvertrauen, dass sich aus diesem Bewusstsein der Gegenwart Gottes ergibt. Die Welt vor vierhundert Jahren war nicht weniger heil als heute. Es gab Krieg, Hunger, Armut, Seuchen, Katastrophen – in der großen Welt der Politik genauso wie in der kleinen Welt der gewöhnlichen Bürgerinnen und Bürger. Trotzdem waren beide Heilige davon überzeugt, dass sie nichts zu fürchten brauchen, da sie in Gottes Händen geborgen sind. Und zwar aus einem ganz besonderen Grund: Weil Gott die Liebe ist … oder wie es der Name Jesus zum Ausdruck bringt, den das Kind in der Krippe erhielt: Jesus, das bedeutet: Gott rettet. Gott ist unser Heil. Er ist heilsam. Oder wie es Franz von Sales auf sein Bischofswappen schrieb: „Wer Gott vertraut, der wird nicht untergehen.“
Die heilige Johanna Franziska von Chantal hat in ihrem Leben viele Schicksalsschläge erleiden müssen. Ihr Ehemann starb, fünf von ihren sechs Kindern musste sie ebenfalls zu Grabe tragen. Trotzdem hat sie ihr Gottvertrauen nicht verloren, das sie von ihrem Lehrer Franz von Sales gelehrt bekam. Im Gegenteil, einmal schrieb sie in einem Brief: „Trotzdem hat uns niemals das gefehlt, was gerade notwendig war. Wenn also die göttliche Güte so über uns gewacht hat, sollten wir nie daran zweifeln, dass sie uns weiterhin mit ihrer väterlichen Liebe umgibt.“ (I,23)
Beginnen wir dieses neue Jahr mit diesen beiden wichtigen Erkenntnissen:
Gott ist da, wir leben in seiner Gegenwart.
Und egal, was auch dieses neue Jahr an Herausforderungen bringen wird, wir können Gott vertrauen, wir werden nicht untergehen, denn seine väterliche Liebe wird uns umgeben. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS