Predigt zum Fest Christi Himmelfahrt (Mk 16,15-20)
Im Himmel leben
Derzeit wollen ja wieder alle zum Himmel hinauffliegen – so weit wie möglich. Ein wahrer Wettkampf um das All: USA, Russland, China, Europa, Saudi Arabien, … alle wollen zum Mars oder noch weiter, koste es, was es wolle, Hauptsache wir sind wieder einmal die ersten.
Ist es das, was wir an Christi Himmelfahrt feiern? Dass Jesus Christus der erste war, der das Weltall erobert hat … und das schon vor 2000 Jahren?
Ich glaube, jede und jeder wird sehr leicht erkennen, dass das mit der Himmelfahrt Jesu nicht so gemeint ist. Die Bibelstellen, die wir heute gehört haben, sprechen auch eine ganz andere Sprache. In der Apostelgeschichte hörten wir den Satz: „Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ Und der Apostel Paulus verkündet: „Gott erleuchte eure Herzen, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr berufen seid … Die Kirche ist der Leib Jesu, die Fülle dessen, der das All in allem erfüllt.“ Und schließlich das Markus-Evangelium, wo Jesus Christus seinen Jüngerinnen und Jüngern den Auftrag erteilt: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet der ganzen Schöpfung das Evangelium – die Frohe Botschaft. Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet.“
Genau das feiern wir an Christi Himmelfahrt: Unseren Glauben, der uns durch Jesus Christus geschenkt wurde.
Der deutsche Bibelwissenschaftler Gerhard Lohfink hat das einmal sehr schön zusammengefasst:
„Wer glaubt“, so schrieb er, „lebt in einer unendlichen Weite. Er blickt auf zum Himmel – und steht doch fest auf der Erde. Er bewundert die Unermesslichkeit des Kosmos – und bestaunt eine winzige Blume. Er kennt die Abgründe des menschlichen Herzens – und wird getröstet vom Lächeln eines Kindes … Er hat erkannt, dass er selbst handeln muss – und erfährt dabei ständig, dass alles Gnade ist. Er lebt ganz im Heute – und streckt sich aus nach dem, der kommen wird. Er weiß, dass er Staub ist – und zugleich vom Schöpfer unendlich geliebt … Wer auf Jesus Christus setzt“, so schließt er seine Gedanken, „der ist ausgespannt zwischen Himmel und Erde.“
Das Fest Christi Himmelfahrt vollendet das Projekt der Menschwerdung und des Erlösungswerkes Gottes und setzt gleichzeitig einen Neuanfang. Vierzig Tage lang hat Jesus seine Jünger auf diesen Neuanfang vorbereitet, auf das Wirken des Heiligen Geistes, der die Gegenwart Gottes in dieser Welt garantiert, damit die Kirche durch alle „Zeiten und Fristen“ hindurch die Kraft hat, Jesu Werk und seine Botschaft zu verkünden.
Mit Himmel ist also nicht das Weltall gemeint, sondern die göttliche Gegenwart mitten unter uns. So erklärt es auch der heilige Franz von Sales, wenn er im Zusammenhang mit der Himmelfahrt Jesu vor allem von der Liebe spricht, die Gott durch Jesus Christus und im Heiligen Geist von nun an spürbar werden lässt und sich wünscht: „Mögen wir im Himmel leben, da unser Leben im Himmel ist.“ (DASal 5,242). Das heißt: Mögen wir in der Liebe Gottes leben, da unser Leben in der Liebe Gottes ist.
Petrus-Weine zählen zu den teuersten der Welt. 12 Flaschen dieses Bordeaux Weines, Jahrgang 2000, wurden zur internationalen Raumstation ISS gebracht und dort einer 14-monatigen Reifezeit ausgesetzt. Nun sollen sie versteigert werden. Der Schätzpreis für eine einzige Flasche liegt bei über 800.000 Euro. Es gibt schon völlig verrückte Sachen, die sich die Menschheit ausdenkt. Diese Wein-Geschichte kann uns allerdings als modernes Bild oder Symbol dienen, was geschehen kann, wenn wir uns der himmlischen Liebe Gottes aussetzen: Wir werden unendlich wertvoll. Und diesen Auftrag erteilt uns das heutige Fest Christi Himmelfahrt: Setzt euch der Liebe Gottes aus. Mögen wir in seiner Liebe leben, da unser Leben in seiner Liebe ist. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS