Predigt zum 8. Sonntag im Jahreskreis (Lk 6,39-45)

Wovon das Herz überfließt …

„Wovon das Herz überfließt, davon spricht der Mund.“ Dieser Aussage Jesu können wir wahrscheinlich alle aus eigener Erfahrung zustimmen. Wer vom Fußball begeistert ist, der wird immer wieder über Fußball reden. Wen Politik interessiert, der diskutiert gerne über Politik. Bei mir ist es das Thema Franz von Sales: Bei Franz von Sales fällt mir immer etwas ein und ich freue mich, von ihm erzählen zu können.

Wovon spricht nun Jesus Christus? Von welchem Thema ist sein Herz erfüllt? Ich glaube, dass sein Thema, von dem sein Herz überfließt, die Liebe ist – und die Umsetzung dieser Liebe im alltäglichen Leben. Sein Hauptgebot kennen wir: Du sollst Gott lieben und du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst. In der Bergpredigt geht Jesus sogar soweit, dass er uns damit beauftragt, selbst unsere Feinde zu lieben. Die Stelle, die wir gerade eben gehört haben, stammt ebenso aus seiner Bergpredigt. Auch da geht es wiederum um die Liebe, und zwar vor allem um die Nächstenliebe:

„Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht“. Auch dieses Phänomen kennen wir aus unserem Alltag zur Genüge. Sehr leicht fällt es uns, über andere zu urteilen, andere zu kritisieren … geschieht das aber mit uns, dann sind wir gleich beleidigt. Das Urteilen über andere geht leicht, das Urteilen über uns selbst ist schon viel schwerer. Was wir uns merken sollten, ist, dass Jesus ein solches Verhalten eigentlich Heuchelei nennt. Das bedeutet: Es ist schlicht und einfach falsch. Denn: Jeder Mensch hat Stärken, aber jeder Mensch hat auch Schwächen, der Andere genauso wie ich selbst. Also sind alle Menschen grundsätzlich einmal gleich stark und gleich schwach. Diesen Grundsatz, diese Grundhaltung sollten wir uns merken, damit wir in der Übung der Nächstenliebe gut vorankommen.

Und das zweite, das wir uns aus dem heutigen Abschnitt der Bergpredigt merken sollten, ist der Satz: „Jeden Baum erkennt man an seinen Früchten.“ Also: Das Wesentliche sind nicht die Worte, die jemand sagt, sondern die Taten. Wesentlich ist nicht die Theorie, die Idee, die man hat, sondern die Praxis, also die Früchte, die man hervorbringt. Und da erinnert uns Jesus daran, dass es nicht auf Äußerlichkeiten ankommt, sondern auf unser Herz: „Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor und der böse Mensch bringt aus dem bösen das Böse hervor.“

Das hat auch der heilige Franz von Sales immer wieder betont: Nicht auf die Äußerlichkeiten, sondern auf das Herz kommt es an, auf mein Inneres, meine Haltung, meine ehrliche Einstellung. In seinem Buch „Anleitung zum frommen Leben – Philothea“ schreibt er davon wörtlich Folgendes:

„Nie habe ich das Vorgehen jener billigen können, die bei Äußerlichkeiten beginnen, um den Menschen zu bessern: bei Haltung, Kleidung oder Frisur. Mir scheint im Gegenteil, man muss beim inneren Menschen anfangen. … Weil das Herz die Quelle unserer Handlungen ist, werden diese so sein, wie unser Herz beschaffen ist.“

Franz von Sales empfiehlt uns daher, sein Herz für Jesus Christus zu öffnen, damit seine Botschaft der Liebe in uns einziehen und unsere Worte und Taten entsprechend beeinflussen kann. Er schreibt:

„Wer Jesus in seinem Herzen trägt, gleicht ihm bald auch in all seinen äußeren Handlungen. Darum möchte ich vor allem das erhabene und heilige Wort ‚Es lebe Jesus!‘ in dein Herz schreiben. … Wie der geliebte Jesus in deinem Herzen lebt, so wird er auch in deinen Handlungen lebendig sein, wird sein Name geschrieben stehen auf deinen Augen, auf deinem Mund, auf deinen Händen“ (Philothea III,23; DASal 1,163-164).

Wovon das Herz überfließt, davon spricht der Mund, davon geben unsere Handlungen und Verhaltensweisen Zeugnis.

Das wären also die Empfehlungen Jesu für unser alltägliches Leben: Achten wir auf unser Herz. Das Wesentliche sind nicht unsere Worte, sondern unsere Taten – und vor allem: Urteilen wir nicht über andere. Denn das geht meistens schief. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS