Predigt zum 6. Sonntag der Osterzeit (Joh 14,23-29)

Vom Heiligen Geist bewegt

Wir kommen der Himmelfahrt Jesu und dem Pfingstfest immer näher und der Heilige Geist rückt mehr und mehr in den Mittelpunkt. Dieser Heilige Geist wird uns von Jesus Christus als unser Beistand versprochen, der uns immer und überall an alles erinnern wird, was Jesus gesagt und getan hat.

Dieser Heilige Geist wirkt in uns, in unserer Kirche und in unserer Welt, sehr oft, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Manchmal aber können wir das unserer Kirchengeschichte genau erkennen, vor allem an Menschen, die sehr viel zur Reform und Erneuerung der Kirche beigetragen haben. Ein Beispiel dafür ist der heilige Franz von Sales, der gerade deshalb 1877 in die Reihe der Kirchenlehrer aufgenommen wurde. Modern ausgedrückt, könnte man sagen, er hat dafür den Nobelpreis für Theologie erhalten.

Franz von Sales lebte und wirkte in den Jahren nach dem Konzil von Trient am Ende des 16. und am Beginn des 17. Jahrhunderts. Das Jahrhundert der Reformation hat der katholischen Kirche schmerzlich deutlich gemacht, dass sie sich erneuern muss. Und Franz von Sales nahm das, was beim Trienter Konzil an Erneuerungen beschlossen wurde, sehr ernst. Ihm war klar, dass zu dieser Erneuerung vor allem die Bildung notwendig ist … und zwar in allen Bereichen, nicht nur im Glauben. Deshalb gründete er als einer der ersten in Europa ein Erwachsenenbildungswerk, die Académie Florimontane, das sich mit Fragen der Kunst, Wissenschaft und Literatur im Licht des Glaubens auseinandersetzte. Er förderte das Schulwesen und verpflichtete seine Priester zum wöchentlichen Katechismusunterricht zur Glaubensbildung der Kinder. Seine Predigten dienten nicht nur der Glaubensverkündigung, sondern auch der religiösen Bildung der Bevölkerung, die damals zum großen Teil kaum Lesen und Schreiben konnte. Sein Motto lautete: „Ich spreche zu Seelen, die in der Frömmigkeit vorankommen wollen“ (DASal 3,46). Und vor allem widmete er sich intensiv der geistlichen Begleitung, wo er einzelnen Frauen und Männern half, ihren je eigenen Weg als Christinnen und Christen in der Welt zu gehen. Daraus entstand sein berühmtes Buch „Philothea – Anleitung zum frommen Leben“ – bis heute ein Bestseller der christlichen Weltliteratur. Aber es war nicht sein einziges Werk. Er schrieb viele kleinere Abhandlungen, ein Buch über die Kreuzverehrung, und sogar ein Buch über das Kirchenrecht. Sein theologisches Hauptwerk wurde das Buch „Theotimus – Abhandlung über die Gottesliebe“. Aufgrund seines umfangreichen Schrifttums, das mehrere tausend Seiten umfasst, wird Franz von Sales heute nicht nur als Klassiker der französischen Sprache, sondern auch als Schutzpatron der Schriftsteller und Journalisten verehrt.

In all seinem Bemühen um die allgemeine Bildung und im Besonderen um die Glaubensbildung und Erneuerung der Kirche war es ihm wichtig, sich vom Heiligen Geist leiten zu lassen, um die Menschen an alles zu erinnern, was Jesus sagte, und um sie in die volle Wahrheit einzuführen. Das Besondere bei Franz von Sales war dabei, dass all dies immer mit Liebe geschah, sodass die Menschen durch seine Belehrungen nicht vor den Kopf gestoßen wurden, sondern erfahren und spüren konnten, dass sie von Gott unendlich geliebt werden.

Bildung im Allgemeinen, und Glaubensbildung im Besonderen ist wichtig und wesentlich. Das können wir aus dem heutigen Evangelium und durch das Handeln des heiligen Franz von Sales lernen. Der Heilige Geist ist dabei jene göttliche Kraft, die uns antreibt, damit wir den Wahrheiten unseres Glaubens immer näherkommen. Ein Wunsch des heiligen Franz von Sales möge uns dabei begleiten: „Lassen wir uns in aller Freiheit vom milden Wehen des Heiligen Geistes vorwärtsbewegen und tragen.“ (DASal 3,157) Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS