Predigt zum 4. Fastensonntag (Joh 3,14-21)

Im Licht der Wahrheit

Dieses berühmte nächtliche Gespräch mit Nikodemus, von dem das heutige Evanglium erzählt, bietet uns einige ganz wesentliche Grundlagen für das Verständnis unseres christlichen Glaubens.

Da ist zunächst einmal die Liebe Gottes zu uns Menschen. Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen eigenen Sohn opferte, damit jede und jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Das ist unser Lebensfundament: die Liebe Gottes und sein Wunsch, ja seine Sehnsucht, dass wir durch den Glauben das Leben in Fülle erlangen.

Daneben aber gibt es auch die Realität des Bösen, also die Finsternis, und das Phänomen, dass der Mensch die Finsternis mehr liebt als das Licht und Böses tut. Über diese biblische Analyse der Welt und des Menschen brauchen wir eigentlich nicht zu diskutieren, da genügt ein einfacher Blick auf die alltägliche Wirklichkeit.

Wie kommen wir nun aus diesem Teufelskreis des Bösen und der Finsternis heraus? Das heutige Evangelium sagt uns: Durch die Wahrheit. Wer die Wahrheit tut, kommt zum Licht. Wer Böses tut, liebt die Finsternis, denn er will nicht, dass seine Taten aufgedeckt werden.

Auch das kennen wir aus unserem alltäglichen Leben. Wenn ich etwas Böses getan habe, will ich nicht, dass die anderen das merken, ich verstecke mich, verberge mich. Modern könnte man sagen, ich produziere Fakenews oder alternative Fakten, damit die Wahrheit nicht ans Licht kommen kann. Genau das aber ist der falsche Weg, denn nur die Wahrheit macht uns frei von Bosheit, Sünde und Schuld.

All diese grundlegenden Gedanken des heutigen Evangeliums können uns daher auch ein wenig Aufschluss darüber geben, warum uns Gott das Sakrament der Versöhnung, also die Beichte, geschenkt hat, mit der wir uns in dieser Fastenzeit ja besonders beschäftigen wollen: das Sakrament der Versöhnung und der Umgang mit Sünde und Schuld. Die Beichte ist nämlich ein Mittel und eine Möglichkeit, um genau diesem Teufelskreis der Finsternis und des Bösen, der Sünde und der Schuld zu entkommen und mit Hilfe der Wahrheit zum Licht des Lebens finden.

Im Sakrament der Versöhnung betreten wir einen geschützten Raum, in dem wir alles Dunkle in uns, alle unsere Schatten, Unvollkommenheiten, in das Licht der Wahrheit Gottes stellen können, ohne Angst haben zu müssen, deshalb verurteilt zu werden. Im Gegenteil: Dort schaut uns Gott mit seiner unendlichen Liebe an und schenkt uns die Erfahrung, dass uns diese Liebe nicht verloren gehen lässt. So wie es auch der heilige Franz von Sales formulierte: Wer sein ganzes Vertrauen auf Gott setzt, sich von seinem liebevollen Blick ausleuchten lässt, der wird nicht verloren gehen. Oder wie es das Evangelium sagt: Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet werden. Wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den nicht glaubt, der ihn ans Ziel bringen wird.

Ein Navigationsgerät hat nur Sinn, wenn ich auch dorthin fahre, wohin es mich führt. Wenn ich immer in eine andere Richtung fahre und auch nicht umkehre, wenn das Navigationsgerät es verlangt, dann brauche ich mich nicht zu wundern, wenn ich nicht an mein Ziel komme. Allerdings muss ich auch vertrauen, dass die Technik funktioniert und die Karten auf dem neuesten Stand sind.

Und genau das wäre eine moderne Erklärung dessen, was Beichte sein möchte: Ich bringe mein Navigationsgerät, das Gott mir geschenkt hat, damit ich mein Ziel, das ewige Leben erreiche, wieder auf den neuesten Stand, damit ich getrost auf meiner Lebensreise weiterfahren kann.

Dieses Vertrauen habe ich allerdings nur, wenn mir auch immer bewusst ist, dass Gott mich liebt, dass er will, dass ich mein Ziel erreiche. Das wollte Jesus dem Nikodemus als Erstes vermitteln: Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn opferte. Und der heilige Franz von Sales preist deshalb all jene glücklich, „die wissen, dass die Liebe Gottes großen Wert hat“ (DASal 2,117). Das Sakrament der Versöhnung möchte uns genau das vermitteln und uns und unser Leben in das Licht der Wahrheit stellen, uns neu ausrichten auf unser Ziel, damit wir eben nicht verloren gehen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS