Predigt zum 4. Fastensonntag (Eph 5,8-14, Joh 9,1.6-9.13-17.34-38)

Jesus bringt Licht für die Welt

Wenn wir in etwa drei Wochen die Osternacht feiern, dann wird uns liturgisch eigentlich ein eindrucksvolles Schauspiel geboten. Es beginnt damit, dass eine einzige Flamme den finsteren Kirchenraum erhellt: die Osterkerze mit dem Licht Christi. Dieses Licht wird weitergereicht an die anderen … und Schritt für Schritt wird es in der Kirche heller und heller.
Genau das ist es, was Jesus von uns möchte: er bringt das Licht in die Finsternis, wir sollen dieses Licht nicht für uns behalten, sondern weitergeben, so dass es in dieser Welt Schritt für Schritt, Licht für Licht, heller und heller wird.
In der heutigen Lesung bringt das Paulus auf den Punkt, wenn er an die Epheser schreibt: „Einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr durch den Herrn Licht geworden. Lebt als Kinder des Lichts!“
Jesus macht uns das im heutigen Evangelium durch die Heilung eines Blindgeborenen deutlich. Schritt für Schritt geht er an den Blinden heran und beginnt seine Augen zu bearbeiten. Mit Sand und Spucke. Wer genau darüber nachdenkt, der muss sich wirklich darüber wundern. Sand und Spucke, wie soll das einem Blinden helfen? Bewirkt das nicht genau das Gegenteil … wenn ich jemanden Sand in die Augen streue, dann mache ich ihn doch blind – und nicht sehend?
Der heilige Franz von Sales weist bei seiner Deutung dieser Blindenheilung auch genau auf diesen Umstand hin:
„Als der Blindgeborene vor dem Heiland stand, erbat er sich nicht die Heilung, sondern der Heiland fragte ihn, ob er sehend werden wolle: ‚O ja, und ob ich will, ich bitte Dich innig darum.‘ Da ‚bereitete‘ der Heiland ‚einen Teig und bestrich damit die Augen des Blinden und befahl ihm, sich im Teich Schiloach zu waschen‘. Hätte sich da der Kranke nicht über ein solches Mittel wundern können und sagen: ‚Mein Gott, was machst Du da mit mir? Wäre ich nicht schon blind, dann müsste ich es jetzt werden. Und im Teich soll ich mich waschen? So bringe mich hin, Du siehst doch, dass ich da nur hinkommen kann, wenn man mich führt.‘ Der Mann aber gehorcht ganz einfach, er hat keine Bedenken, er macht sich auf den Weg und kümmert sich nicht darum, ob er dazu auch fähig ist.“ (DASal 2,152-153)
Jesu Methoden sind eben manchmal wunderbar, man könnte auch sagen, wunderlich – aber: sie wirken. Ein von Geburt an Blinder wäscht sich den Dreck aus den Augen und er kann sehen. Das war so beeindruckend, dass gleich ein Streit darüber ausbrach, ob das alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Jesus kümmerte das nicht … ihm ging es nur um den Blinden. Von diesem ist nun sein Zeugnis verlangt: Kannst du mich sehen? – Ja, ich sehe dich – und glaubst du? – Ja, Herr, ich glaube.
Jedes Jahr erleben wir die Osternacht … jedes Jahr feiern wir den Tod und die Auferstehung Jesu. Die Methode Gottes, uns deutlich zu machen, worauf es ihm ankommt, ist sicher ungewöhnlich – zuerst diese Katastrophe des Karfreitags und dann das leere Grab – und nicht umsonst wird seit 2000 Jahren mehr oder weniger heftig darüber diskutiert, ob das jetzt alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Ist Jesus wirklich gestorben? Wurde da nicht ein krummes Ding gedreht?
Christus jedoch geht es darum, uns der Finsternis zu entreißen, er möchte, dass wir sehend werden und er möchte, dass wir dieses Licht durch unseren Glauben weitergeben an die Welt. Er stellt uns daher die Frage: Glaubst du, was du siehst? Und er möchte darauf unsere persönliche Antwort.
In der Osternacht geben wir sie, indem wir unseren Glauben erneuern. Dieses Ja, das wir da sagen, ist der eigentliche Höhepunkt des Jahres, genauso wie es für Jesus das wichtigste war, dass der Blindgeborene sagt: Ja, Herr, ich glaube.
Und so wurde für den Blindgeborenen wahr, was der heilige Franz von Sales einmal mit seinen Worten so ausdrückte: „Gott wird niemals jene verlassen, die ihn nicht verlassen wollen“ (DASal 6,209).
Christus wird uns allerdings immer wieder genau die gleiche Frage stellen, die er dem Blindgeborenen stellt: „Glaubst du, was du siehst?“ … Und wir wissen es: Gott erwartet einen Antwort von uns. Welche Antwort die unsere ist, darüber könnten wir in der kommenden Fastenwoche einmal nachdenken. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS