Predigt zum 33. Sonntag im Jahreskreis (Mk 13,24-32)

Jesus und die Zeichen der Zeit

Jesus Christus – der Prophet des Weltuntergangs. Das ist ein Aspekt, den wir wahrscheinlich gar nicht so gern hören wollen. Und trotzdem gehören auch solche Aussagen zum Gesamtbild Jesu Christi – und damit auch zum Gesamtbild unseres Glaubens. Wesentlich dabei ist, dass alle diese Aussagen nicht dazu da sind, uns Angst zu machen, sondern um uns etwas Wichtiges und Wesentliches für unser Leben hier und jetzt begreiflich zu machen.

„Wir brauchen keine Angst zu haben,“ meint auch der heilige Franz von Sales, Gott „liebt ja mit unendlicher Liebe die Seele, die sich ihm ganz überlässt“ (DASal 2,99). Wer sich Gott ganz überlässt, ihm voll und ganz vertraut, weil er Liebe ist, der braucht sich vor nichts zu fürchten.

Historisch betrachtet, ist für die damaligen Menschen genau das eingetroffen, was Jesus prophezeite: die Sonne verfinsterte sich, die Kräfte des Himmels wurden erschüttert – und dann kam der Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit. Jesus wurde zum Tod am Kreuz verurteilt – der Karfreitag wurde zur dunkelsten Stunde … aber am Ostermorgen erfolgte die Auferstehung. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“

Ein sehr wichtiger Satz zum Verständnis dieser Prophezeiungen Jesu steht in der Mitte: „Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist … genauso sollt ihr erkennen …“

Mit diesem Bild macht uns Jesus Christus aufmerksam auf die „Zeichen der Zeit“. Sie sind ein Hinweis darauf, was Gott uns sagen, wohin er uns bewegen möchte. Um diese Zeichen der Zeit wahrzunehmen, brauchen wir gar nicht lange zu suchen, es genügt, einen Blick in die täglichen Nachrichten zu werfen. Welche Zeichen finden wir dort? Klimaerwärmung, Umweltkatastrophen, Flüchtlingsströme, Globalisierung, Soziale Netzwerke, Nationalismus, Radikalisierung, Extremismus, Terrorismus, Multinationale Konzerne, denen es nur um Ausbeutung geht, Überbevölkerung, Wasserknappheit, Krieg und Zerstörung, Epidemien, Seuchen, Hunger usw. Die Liste solcher „Zeichen der Zeit“ kann natürlich x-beliebig fortgesetzt werden, sowohl im Großen und Ganzen der globalen Welt, also auch in unserer kleinen Welten des Alltags, im Beruf, in der Nachbarschaft, in der Familie. All diese Zeichen weisen uns darauf hin: Wenn ihr so weitermacht, wenn es keine Änderungen gibt, dann steht das Ende vor der Tür.

Genau dafür möchte Jesus Christus sensibilisieren: Euer Handeln hat Konsequenzen für eure Zukunft. Jedes Motto, jeder Slogan, jedes Wort und jeder Tag hat eine Wirkung, die ihr bedenken sollt – nicht nur für jetzt, sondern auch für künftige Generationen.

Ein Zauberwort der heutigen Zeit ist „Nachhaltigkeit“. Dahinter steckt die Frage: Wie müssen wir heute handeln, damit es den Generationen nach uns mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser geht als uns jetzt? Wenn Jesus vom Weltuntergang spricht, dann möchte er uns genau darauf hinweisen, dass all unser Tun, all unsere Handlungen und all unsere Worte Ewigkeitswert haben sollen. Genau deshalb ist es gut, dass es in der Gesellschaft, in unserer Welt eine Kirche – also uns Christen – gibt, die immer wieder daran erinnert. Der heutige Sonntag ist ein konkretes Beispiel dafür: Heute ist der Elisabeth-Sonntag der Caritas, den Papst Franziskus umbenannt hat zum „Welttag der Armen“. An diesem Sonntag sind wir aufgerufen, die große Armut in der Welt, um uns herum, ihre vielen Gesichter wahrzunehmen, zu erkennen und dagegen Zeichen zu setzen.

Lernt etwas vom Feigenbaum, lernt aus den Zeichen der Zeit, und zieht daraus Konsequenzen, die nachhaltig sind, also Ewigkeitswert besitzen.

Zum Abschluss noch ein Wort des heiligen Franz von Sales, der zwar nicht von den „Zeichen der Zeit“ spricht, sondern von den „heiligen Eingebungen“. Er meint: „Jene, die ihr Herz für die heiligen Eingebungen [Gottes] aufgeschlossen halten, sind selig!“ (DASal 4,105) Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS