Predigt zum 33. Sonntag im Jahreskreis (Lk 21,5-19)

Das Leben gewinnen

Evangelium, das heißt eigentlich gute, frohe Botschaft. Heute aber könnte man meinen, hier werden nur schlechte Nachrichten und Drohbotschaften verkündet: Krieg, Zerstörung, Verfolgung, Katastrophen, Weltuntergang. So besteht also die Herausforderung des heutige Sonntagsevangeliums wahrscheinlich darin, inmitten all dieser negativen Schilderungen das Positive zu entdecken, das wir uns in unseren Alltag hinein mitnehmen können.

Das Erste dabei ist sicher: Jesus ist nicht blauäugig oder weltfremd, und er trägt auch keine rosarote Brille. Er blickt auf die Welt, wie sie ist … und in dieser Welt gibt es eben nicht nur das Gute, sondern eben auch viel Schlechtes und Böses: Konflikte, Krisen, Kriege, Katastrophen, Leid, Armut und Elend. Das sollten wir also nicht einfach ignorieren oder ausklammern, sondern anschauen und entsprechend damit umgehen. Wir sollten dies aber nicht einfach so tun, sondern immer mit dem Blick Jesu. Denn: „Betrachtest du das Leid an sich, so ist es grauenhaft; betrachtest du es aber im Willen Gottes, dann wird es Liebe und Wonne,“ (DASal 4,122) so sieht das jedenfalls der heilige Franz von Sales. Mit dem Blick Gottes erkennen wir den Sinn, die Bedeutung und die richtige Reaktion darauf.

Und dann sind da auch noch drei Aussagen Jesu, die wir uns von seiner heutigen Botschaft ebenfalls merken können:

Erstens sagt Jesus: „Lasst euch nicht in die Irre führen.“ Eure Kompassnadel, so würde Franz von Sales das formulieren, soll in den Stürmen und Wellen des Lebens stets auf Gott hin ausgerichtet sein (vgl. DASal 1,230). Er ist nämlich unser Führungsseil, an dem wir uns in den Labyrinthen und Irrwegen des Lebens festhalten können (vgl. DASal 7,133). Wer auf Gott vertraut, der wird nicht verlorengehen (Wappenspruch). Unsere Orientierung an und auf Jesus Christus ist also wesentlich, um nicht falsche Wege zu gehen.

Dann sagt uns Jesus: „Lasst euch nicht erschrecken.“ Fürchtet euch nicht, denn ich bin bei euch, der Heilige Geist ist mit euch, er wird euch eingeben, was ihr zu sagen habt. Aus diesem Grund rät auch der heilige Franz von Sales: „Gehen Sie immer Ihren Weg im Vertrauen auf Gott; … Haben Sie keine Furcht“ (DASal 7,207). „Rufen wir die Barmherzigkeit Gottes an, vertrauen wir auf sie; sie wird uns helfen, in Zukunft tapferer zu sein“ (DASal 1,133).

Schließlich finden wir am Ende des heutigen Evangeliums den schönen Satz: „Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.“ Also nicht gleich aufgeben, wenn wir mit Herausforderungen konfrontiert sind. Mit Ausdauer und Standhaftigkeit werden wir das Leben gewinnen. Der heilige Franz von Sales meint: „Haben Sie einen großen Mut, der aber nicht nur groß, sondern auch durchhaltend und ausdauernd ist“ (DASal 7,62). „Die Liebe, der Friede und der Trost des Heiligen Geistes seien immerdar in Ihrer Seele“ (DASal 7,62).

Jesus Christus selbst ist uns für all das ein Beispiel und Vorbild. Sein Herz war stets ausgerichtet auf den himmlischen Vater. Er ließ sich von niemandem erschrecken, weder von seinen Gegnern, noch davon, dass sich viele von ihm abwandten. Und er blieb standhaft bis zum Kreuz … und hat das Leben gewonnen. Das ist unser österlicher Glaube als Christinnen und Christen. Dieser Glaube endet nicht mit dem Karfreitag, also in einer Katastrophe oder im Weltuntergang, sondern er beginnt mit dem Ostermorgen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS