Predigt zum 32. Sonntag im Jahreskreis (Lk 20,27-38)

Auf Leben und Tod

Das heutige Evangelium konfrontiert uns eigentlich mit einer Frage, bei der es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod geht.

Die Sadduzäer waren zur Zeit Jesu jene Gruppe in der damaligen Gesellschaft, die ein Weiterleben nach dem Tod schlichtweg ablehnten. Mit dem Tod ist alles aus – und das ließen sie auch Jesus wissen, in dem sie ihm diese verrückte Geschichte von den sieben Brüdern, die nacheinander sterben und immer die Frau des verstorbenen Bruders heiraten mussten. Und sie ziehen das Ganze noch mehr ins Lächerliche, indem sie Jesus die Frage stellen, mit welchen der sieben Brüder diese Frau nun im Himmel verheiratet ist.

Wie immer durchschaut Jesus die verborgene Realität hinter dieser Geschichte. Die Sadduzäer wollen die Frage nach dem Ewigen Leben ad absurdum führen: Jesus, glaub doch diesen Unsinn nicht … nach dem Tod ist nichts mehr, alles aus. Die Leiche kommt in die Grube und verwest zum Nichts.

Jesus antwortet darauf mit einem Satz, der nicht nur die Sadduzäer zum Verstummen bringt, sondern auch uns helfen kann: „Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten“. Konstruiert euch also nicht irgendeinen Unsinn zusammen, verwickelt euch nicht in irgendwelche Hirngespinste, sondern schaut auf das Wesentliche: Wir glauben an den Gott des Lebens.

Wie steht es nun mit meinem Glauben an das Leben nach dem Tod? Glaubt man so manchen Umfragen, dann feiern die Sadduzäer in der heutigen Gesellschaft eine ziemlich rasante Wiedergeburt. Jedenfalls sollen bereits die Mehrheit der Menschen in Österreich und Deutschland davon überzeugt sein, dass mit dem Tod alles aus ist, und das, obwohl sich doch noch mehr als zwei Drittel als Christen bezeichnen. Irgendwas stimmt da also ganz und gar nicht. Und man merkt das auch an der Art, wie wir mit dem Leben und den Tod umgehen. Alles konzentriert sich eigentlich nur noch auf diese 80 Jahre hier auf der Erde – das Leben danach, also das Leben in Ewigkeit spielt kaum noch eine Rolle. Wieviel Energie wird darauf verwendet, das irdische Leben zu verlängern … Mediziner und Biologen haben das Ziel, die Lebenserwartung auf 125 Jahre ausdehnen zu können … ja und dann? Wer konzentriert seine Energie noch darauf, wie es dann weitergeht? Wie sich das Ewige Leben gestaltet?

Letztlich hat das Ganze auch mit unserem Gottesbild zu tun. An welchen Gott glauben wir denn noch? Wenn wir tatsächlich an den Gott glauben, den uns Jesus Christus verkündet hat, dann glauben wir an einen Gott des Lebens, der uns allen ein ewiges Leben in seiner liebenden Gegenwart verheißen hat. Jesus Christus hat den Tod besiegt und uns eine Wohnung bereitet, in der wir ewig leben können. Die achtzig Jahre hier auf Erden bedeuten nichts im Vergleich zu der Herrlichkeit, auf die hin wir unterwegs sind.

Der heilige Franz von Sales vergleicht das Leben mit einer Bootsfahrt und das Sterben vergleicht er mit dem Einlaufen des Lebensbootes in den Hafen der Ewigkeit – und darüber schreibt er Folgendes: „Jene glücklichen Seelen, die nach den Mühen und Gefahren dieses sterblichen Lebens in den Hafen der Ewigkeit gelangen, erreichen dort die letzte und höchste Stufe der Liebe, die sie erklimmen können. Sie wird ihnen als Belohnung für ihre Verdienste verliehen und diese Belohnung ist nach den Worten des Herrn (Lk 6,38) nicht nur ein gutes, sondern ein überreiches, gerütteltes, aufgehäuftes, überquellendes Maß“ (Theotimus III,7; DASal 3,180)

Wer daran glaubt, dass Gott ein Gott des Lebens ist, und vor allem, dass Gott ein Gott der Liebe ist, der, so meint Franz von Sales, braucht keine Angst vor dem Tod haben, denn „die Liebe Gottes zerstört nicht, sondern sie vollendet“ – und auf diese Vollendung hin sind wir unterwegs. Das ist unser Glaube, den Jesus Christus uns geschenkt hat. Wir glauben nicht an den Gott des Todes, wir glauben an den Gott der Liebe und des Lebens, ein Leben, das nicht nur 80 Jahre währt, sondern ewig. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS