Predigt zum 31. Sonntag im Jahreskreis (Mt 23, 1-12)

Das Evangelium salesianisch leben

Das, was uns das Evangelium heute am Anfang berichtet, beschreibt eigentlich genau das, was mit Sicherheit NICHT salesianisch ist, und damit auch mit Sicherheit nicht zu Franz von Sales und seiner Lehre passt:

  • Den Anderen schwere Lasten aufbürden, selbst aber keinen Finger rühren – passt nicht zu Franz von Sales.
  • Die Frömmigkeit zur Schau stellen, so dass alle sehen können, wie fromm wir sind – passt nicht zu Franz von Sales.
  • Auf den Ehrenplätzen sitzen, sich grüßen und Meister nennen lassen – passt nicht zu Franz von Sales.

All das ist nicht salesianisch, genau das entspricht also ganz und gar nicht der Einstellung des heiligen Franz von Sales.

Der zweite Teil, des heutigen Evangeliums ist da schon besser:

  • Salesianisch heißt: Nur einer ist unser Vater, Gott im Himmel. Nur einer ist unser Lehrer, Jesus Christus.
  • Salesianisch heißt: Der Größte von uns ist der Diener aller.
  • Und salesianisch heißt: Sich selbst klein machen, damit die anderen groß werden.

Ich glaube, Franz von Sales und alle anderen Persönlichkeiten der salesianischen Familie, Johanna Franziska von Chantal, Margareta Maria Alacoque, Louis Brisson … bis hin zur Léonie Martin haben in ihren Lebensgeschichten genug konkrete Beispiele dafür gegeben, wie sie in ihrem Leben dieses Evangelium, das wir gerade gehört haben, verwirklichten.

Unsere Aufgabe ist es, diese Vorbilder in unserem Leben auf unsere Weise heute nachzuahmen – und damit ihr Erbe und ihr Charisma im Hier und Heute weiterzuführen.

Eine jede, ein jeder von uns ist als Christ dazu berufen, Jesus Christus nachzufolgen und das Evangelium zu leben. Durch Franz von Sales bekommt diese Jesus-Nachfolge eine ganz konkrete Farbe, für die er steht und der wir uns anschließen können, in all den unterschiedlichen Situationen, in denen wir leben und arbeiten:

  • Den Anderen keine schweren Lasten aufbürden: Salesianisch kann das bedeuten: Solidarisch zu sein mit all jenen, denen es nicht so gut geht wie mir.
  • Die Frömmigkeit nicht zur Schau stellen: Salesianisch heißt das, in aller Einfachheit seinen Glauben so zu leben, dass die Menschen, denen ich begegne spüren, dass Gott Liebe ist.
  • Keine Ehrenplätze kann heißen: Das Evangelium auf salesianische Weise zu leben, also: Gott in die Mitte stellen, der Weg der kleinen Schritte, im Alltag den anderen groß sein lassen, damit die Größe des Herrn gepriesen wird.

Darüber immer wieder nachzudenken, was es bedeutet, im Hier und Heute „salesianisch“ zu leben und damit das Evangelium zu verwirklichen, genau das wäre die große Herausforderung, der wir uns jeden Tag von neuem zu stellen haben. Wenn uns das gelingt, verwirklichen wir genau das, wozu Franz von Sales die Menschen seiner Zeit durch seine Predigten, Briefe und Werke und vor allem durch sein Vorbild hinführen wollte. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS