Predigt zum 3. Fastensonntag (Lk 13,1-9)

Umkehr

Die Frage: „Wir kann Gott Katastrophen, Krankheit, Leid oder sonstige Übel zulassen?“ gehört zu den Ur-Fragen des Menschen. Seit dem großen Erdbeben von Lissabon 1755 gibt es dafür auch einen theologischen Fachbegriff: „Theodizee“ … die Lehre vom gerechten Gott … Also: Ist Gott wirklich gerecht, wenn wir auf das Leid und Elend dieser Welt blicken? Im Sinne des heiligen Franz von Sales könnten wir diese Frage sogar noch verschärfen: Ist Gott wirklich der Gott der Liebe, als den Franz von Sales Gott so viele Male beschreibt? Ein liebender Gott, der Böses zulässt, kann das sein?

Eine zufriedenstellende Antwort auf solche Fragen gibt es leider nicht. Da muss ich alle leider enttäuschen. An einer solchen Antwort sind selbst die größten Theologen gescheitert, und auch Franz von Sales sagt uns leider nur, dass wir Gott in dieser Frage seine Unbegreiflichkeit lassen müssen. Wir können also nur hoffen, dass uns Gott selbst einmal irgendwann unsere letzten unbeantworteten Fragen beantwortet.

Aber … und das wird uns im heutigen Evangelium sehr deutlich vor Augen geführt: Viele Katastrophen, viel Leid und Elend sind vom Menschen selbst verursacht. Krieg, Armut, Hunger, Gewalt, Ausgrenzung, Ausbeutung und die Zerstörung der Umwelt und des Klimas. Auf dieses von Menschen selbst verursachte Leid gibt es eine sehr einfache Antwort, auf die uns Jesus aufmerksam macht. Im griechischen Original lautet die Antwort: „Metanoia“ – also: Umkehr, Umdenken. Wenn ihr nicht umdenkt, umkehrt und anders handelt, dann wird noch Schlimmeres geschehen.

Bei dieser Umkehr, diesem Umdenken geht es Jesus nicht darum, den Menschen das Leben noch schwerer zu machen, als es ohnehin schon ist, oder ihm alles zu verbieten, was im Leben Freude macht. Jesus geht es vielmehr darum, den Menschen vor Unglück, Katastrophen und Leid zu bewahren.

Das Gleichnis, das Jesus erzählt, will uns das deutlich machen. Der Feigenbaum, der normalerweise zwei Mal im Jahr Früchte trägt, bringt keine Frucht mehr und er erhält noch einmal eine Chance. Der Winzer setzt sich für ihn ein, er will alles tun, damit der Feigenbaum wieder Früchte trägt. Er will den Boden aufgraben und düngen. Ob dann der Feigenbaum diese weitere Chance auch nützt und entsprechend reagiert, wird nicht gesagt.

Für uns bedeutet das: Jesus Christus tut wirklich alles, damit wir Früchte tragen und nicht ins Unglück rennen. „Ich will nicht den Tod des Sünders“, so sagt Gott bereits zum Profeten Ezechiel, „ich will, dass er umkehrt und lebt.“ (Ez 33,11). Genau das möchte Jesus auch seinen Zuhörerinnen und Zuhörern deutlich machen: Kehrt um, dann werdet ihr leben, dann werdet ihr wieder Früchte tragen.

Bevor wir also Gott vorwerfen, dass er uns in Stich lässt und daher kein gerechter, und schon gar kein liebender Gott sein kann, sollten wir immer zuerst darüber nachdenken, ob wir nicht selbst Verantwortung tragen und die göttlichen Botschaften und Bemühungen nicht wahrnehmen und umkehren.

Der heilige Franz von Sales war davon überzeugt, dass Gott alles tut, um den Menschen, der in die Irre geht, zur Umkehr zu bewegen. Gott gräbt den Boden auf, damit der Mensch den lebenspendenden Atem Gottes in sich aufnehmen kann. Er nährt uns mit dem göttlichen Brot, der heiligen Eucharistie damit wir Kraft bekommen … aber er lässt uns die Freiheit, seine Angebote anzunehmen. Wörtlich schreibt Franz von Sales:

„Nichts … unterlässt dieser göttliche Erlöser, um uns zu offenbaren, dass … seine Liebe unendlich ist; … und daher will, dass alle Menschen selig werden und keiner verloren gehe.“ (DASal 3,120).

Es liegt also an uns, in uns zu gehen, die Irrwege zu erkennen und mit den Hilfen Gottes umzukehren und Frucht zu bringen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS