Predigt zum 28. Sonntag im Jahreskreis (Lk 17,11-19)
Täglich Grund zur Dankbarkeit
in der Glanzinger Kirche in Wien gibt es seit vielen Jahren das besondere Symbol der „Dankschalen“. Zwei Schalen, verziert mit vielen bunten Steinen, werden regelmäßig bei der Gabenbereitung mit den Gaben von Brot und Wein zum Altar gebracht.
Dieses Symbol bedeutet: „Ich bin dankbar für …“. Eine jede und ein jeder sind eingeladen, mit den eucharistischen Gaben auch all das Gott auf den Altar zu legen, wofür er oder sie heute, hier und jetzt, dankbar sind.
In den Wiener Kirchen in der Krim und im Kaasgraben entstanden im letzten Jahr so genannte „Dankmauern“. Auf jedem Ziegelstein stand der Name eine Gruppe oder einer Initiative aus der Pfarrgemeinde, die oft ganz im Verborgenen wirken, nun aber sozusagen vor den Vorhang geholt werden sollten, um ihnen allen einmal einfach Danke für ihre Dienst zu sagen.
Was durch diese Symbole bezweckt werden soll, ist klar: Es gibt viele Kleinigkeiten, es gibt viel Verborgenes in unseren Pfarrgemeinden und in unserem Leben, wofür wir Gott dankbar sein dürfen und auch sollen.
Das heutige Evangelium erinnert uns ebenso daran. Jesus Christus hat Erbarmen mit zehn Aussätzigen und er heilt sie. Das ist keine Kleinigkeit, das ist eine medizinische Sensation. Trotzdem kehrt nur ein einziger von diesen Aussätzigen um und sagt Jesus Danke.
Diese Erzählung macht uns also nicht nur deutlich, dass das Erbarmen und die Barmherzigkeit Jesu groß und wunderbar sind. Sie weist uns auch darauf, dass wir oft und oft das Gute, das uns geschieht, für allzu selbstverständlich nehmen und deshalb völlig vergessen, dafür Danke zu sagen. Wir werden also heute wieder einmal dazu angeregt, diese Selbstverständlichkeit zu hinterfragen und Danke zu sagen.
Dass der heilige Franz von Sales ein durch und durch dankbarer Mensch war und die Dankbarkeit daher ganz groß geschrieben hat – das ist völlig klar. Wer, wie dieser Heilige, so sehr davon überzeugt war, dass Gott die Liebe ist, der kann eigentlich gar nicht anders, als Gott unaufhörlich Danke zu sagen. Dazu lädt er auch alle Menschen ein. Hier nur ein paar Beispiele aus seinem berühmten Buch „Philothea. Anleitung zum frommen Leben“.
Grundsätzlich empfiehlt Franz von Sales seinen Leserinnen und Lesern: „Danke Gott! Mein erhabener und gütiger Schöpfer, wieviel Dank schulde ich Dir, dass Du mich aus dem Nichts gezogen hast, um mich durch Deine Barmherzigkeit zu dem zu machen, was ich bin“ (DASal 1,46).
Für das tägliche Morgengebet empfiehlt Franz von Sales: „Bete Gott an und danke ihm für die Gnade, dass er dich in der vergangenen Nacht erhalten hat“ (DASal 1,82). Und zum täglichen Abendgebet meint er ganz ähnlich: „Danke Gott, dass er dich diesen Tag erhalten hat“ (DASal 1,83).
Von der Kommunion bis zum Schluss der heiligen Messe empfiehlt er, Gott zu danken „für seine Menschwerdung, sein Leben, Leiden und Sterben sowie für die Liebe, die er uns im heiligen Opfer bezeigt“ (DASal 1,91).
Das sind jetzt nur ein paar wenige Beispiele, die deutlich machen, dass der Dank für Franz von Sales ein ganz wesentliches Element des Lebens und des Gebetes ist.
Eine jede und ein jeder ist also dazu eingeladen, diese Dankbarkeit mit eigenen Worten zur Sprache zu bringen – und zwar jeden Tag, am Morgen, am Abend, und bei jeder Heiligen Messe. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS