Predigt zum 23. Sonntag im Jahreskreis (Mt 18,15-20)

Umgang mit Konflikten

Konflikte gehören zum Leben dazu. Das war vor zweitausend Jahren nicht anders. Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten, juristische Konfrontationen. Entscheidend dabei ist allerdings die Art und Weise, wie ich damit umgehe. Und dafür liefert uns das heutige Evangelium eine Methode: zuerst das Gespräch unter vier Augen, dann das Gespräch mit zwei Zeugen und schließlich die öffentliche Auseinandersetzung.

Der heilige Franz von Sales war von seiner akademischen Ausbildung her eigentlich Jurist und Rechtsanwalt. Und so wurde er auch immer wieder gebeten, in Streitfällen als Richter tätig zu sein. Zu seiner Zeit wurde gerne gestritten, ja es herrschte geradezu eine Prozessflut. Es genügten Kleinigkeiten, und schon machte man dem Kontrahenten den Prozess. Und das war sogar noch die bessere Variante, denn oft genug warf man den Fehdehandschuh und forderte den Gegner zum Duell – und das endete sehr oft tödlich.

Franz von Sales war natürlich bemüht, solche Eskalationen zu verhindern – und daher auch stets bereit, bei Streit und Konflikten zu vermitteln. Dabei war es sein hauptsächliches Anliegen, dass sich die Streitparteien außergerichtlich einigten. Er suchte das persönliche Gespräch, versuchte zu vermitteln, nicht Rache und Vergeltung soll die Streitparteien leiten, sondern Versöhnung. Und er war durch seine sanftmütige und verständnisvolle Art auch sehr oft erfolgreich.

Ein Rat des heiligen Franz von Sales lautet: „Wenn [man] nicht wirklich im Gewissen verpflichtet ist, einen Prozess oder andere aufregende Auseinandersetzungen zu führen, so rate ich …, davon die Finger zu lassen … Der Gewinn solcher Streitigkeiten muss schon sehr hoch sein, um mit dem Gut des heiligen Friedens verglichen werden zu können, ganz abgesehen davon, dass Prozesse und ähnliche Auseinandersetzungen das Herz verwirren … denn man nimmt nur zu leicht eine der Frömmigkeit widersprechende und Gott missfällige Haltung ein“ (DASal 1,207).

Versöhnung, Frieden, Nachgeben sind also für Franz von Sales fast immer die bessere Methode, als seine Meinung, sein Recht mit allen Mitteln durchzusetzen. „Der Gewinn solcher Streitigkeiten muss schon sehr hoch sein, um mit dem Gut des heiligen Friedens verglichen werden zu können.“

Franz von Sales macht außerdem noch einen anderen Unterschied: Wenn es bei Konflikten um ihn persönlich ging, war er immer bereit, um des Friedens willen nachzugeben, ging es allerdings um das Recht anderer, setzte er sich sehr wohl dafür ein, dass die Gerechtigkeit siegt. Es gibt eben auch Situationen, wo „Schweigen eine Sünde wäre“ (DASal 8,196), also nicht dem Frieden, sondern dem Unrecht dient. Und hier muss man eben seine Stimme erheben und für Gerechtigkeit eintreten, allerdings immer auf sanftmütige Art und Weise, so dass die Sünde zwar beim Namen genannt wird, allerdings die Würde der Person geachtet wird. Das Gespräch unter vier Augen ist dabei immer der erste Schritt, so wie es auch das Evangelium fordert.

Die Konflikte der Welt – sowohl auf weltpolitischer Ebene als auch im ganz persönlichen Bereich – machen deutlich, dass wir Menschen und vor allem wir Christen gerade da gefordert sind, einen Weg zu gehen, der den Frieden fördert – und dieser Weg ist der Weg Gottes. Seine Methode ist jene, die zu mehr Frieden und Gerechtigkeit führt. Und auch da gibt es einen einfachen Rat des heiligen Franz von Sales: „Solche, die einfach gute Menschen sind, gehen auf dem Weg Gottes“ (DASal 6,83). Der bewusste Wandel in der Gegenwart Gottes ist das Mittel, alles recht zu machen. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS