Predigt zum 20. Sonntag im Jahreskreis (Lk 12,49-53)

Feuer und Spaltung

So wie sich Jesus im gerade gehörten Evangelium zeigt, sind wir es eigentlich nicht gewohnt. Das ist nicht der Jesus, den wir kennen, der barmherzige, liebende Jesus, der sich den Sündern zuwendet, das Verlorene sucht und sich kreuzigen lässt, damit die Menschen gerettet werden. Hier nun sagt er plötzlich: Ich will Feuer auf die Erde werfen und wäre froh, es würde schon brennen. Nicht den Frieden bringe ich, sondern die Spaltung.

Haben wir uns also in Jesus geirrt? Ist er nicht letztlich der gleiche radikal-fundamentalistische Prediger, der in seinem Fanatismus den Heiligen Krieg propagiert? Ich hoffe, dass uns allen klar ist, dass genau eine solche Interpretation völlig falsch ist, auch wenn es in der Kirchengeschichte genügend Beispiele gab und gibt, die mit dieser Stelle den bewaffneten Kampf gegen Irrlehrer und Andersgläubige rechtfertigten. Die Scheiterhaufen des Mittelalters wurden wegen dieses Feuers entzündet, damit es endlich brennt … in den Kreuzzügen wurde das Schwert ergriffen und alles niedergemetzelt, was nicht auf die Knie fiel und das Kreuz anbetete. Nicht nur damals, sondern auch heute ist jede Radikalisierung, jeder Fanatismus und jede Fundamentalisierung, jeder Extremismus egal welcher Religion, welcher Philosophie und welcher Politik auch immer falsch und zwar aus einem ganz einfachen Grund: weil sie die Freiheit des Menschen nicht respektiert, die Gott einem jeden geschenkt hat, weil er die Liebe ist und möchte, dass der Mensch ihn liebt – Liebe aber ist nur in Freiheit möglich. Daher sagte auch der heilige Franz von Sales: „Die Freiheit ist der kostbarste Teil des Menschen, das Leben des Herzens.“ Erzwungene Liebe ist keine Liebe. Wenn Gott will, dass wir ihn wahrhaft, ehrlich und authentisch lieben, dann geht das nur durch eine freie Entscheidung.

Und genau an diesem Punkt sind wir auch beim richtigen Verständnis dieses Evangeliums, das wir heute gehört haben, angelangt. Feuer und Spaltung haben nichts mit den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Nationen und Völkern zu tun. Es geht vielmehr um unseren inneren Kampf, der sich in unseren Herzen abspielt. Feuer war zur Zeit Jesu das Symbol der Reinigung. Das macht auch der Hinweis auf die Taufe deutlich. Wenn Jesus Feuer auf die Erde bringt, dann möchte er, dass die Menschen endlich begreifen, worum es wirklich geht, nämlich um die Liebe – die Liebe zu Gott, die Liebe zum Nächsten und die Liebe zu sich selbst. Dieses Feuer der Liebe möchte Jesus endlich wieder zum Brennen bringen. Dies geschah dann am Pfingstfest, als der Heilige Geist in Feuerzungen auf die Jünger herabkam. Ab da gab es keinen Halt mehr.

Ähnliches gilt für das Schwert und die Spaltung. Das Schwert war das Symbol für die Entscheidung. Jesus fordert also zu einer Entscheidung heraus. Und das gilt bis heute. Weil Gott uns die Freiheit geschenkt hat, sind wir fähig, zu ihm Ja aber auch Nein zu sagen. Diese Entscheidung wird von uns verlangt – und diese Entscheidung hat Konsequenzen. Es kann sein, dass wir deshalb verspottet, ausgelacht und gedemütigt werden, es kann Mobbing bedeuten oder sogar den Verlust des Arbeitsplatzes, den Verlust der eigenen Familie bis hin zum Verlust des Lebens.

Mit dem heutigen Evangelium wird uns also deutlich, dass Glaube nicht bloß ein Hobby ist, dem ich mit widmen kann, wie ich gerade Lust und Laune verspüre. Jesus möchte von uns ernst genommen werden bis hinein in die kleinsten Dinge unseres alltäglichen Lebens. Jesus ist kein Maskottchen, das ich beliebig aus der Schublade heraus und dann wieder hineinlege, wenns mir gerade keinen Spaß macht. Es geht also um dem Ernstfall unseres Glaubens: euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein – das Laue wird ausgespuckt. Es ist gut, dass wir an manchen Sonntagen des Jahres auch wieder daran erinnert werden. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS