Predigt zu Maria Himmelfahrt (Lk 1,39-56)

Königin der ganzen Schöpfung

Greta Thunberg, 16 Jahre alt, Schülerin, ist immer wieder in den Schlagzeilen. Laut dem Time-Magazin zählt sie 2019 zu den 100 einflussreichsten lebenden Persönlichkeiten der Erde. Ihre Aufrufe und Aktivitäten zum Schutz der Umwelt bewegen die ganze Welt.

Maria, deren Todestag und Aufnahme in den Himmel wir heute feiern, war zwölf Jahre alt, als sie zur Menschwerdung Gottes Ja sagte und im Magnifikat verkündete: „Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott meinem Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.“

An Maria wird deutlich: Gott erwählt das Niedrige, das Unscheinbare, das Kleine, um seine wesentlichen Botschaften an die Menschen in die Welt zu tragen. Ob Greta Thunberg auch dazugehört, wissen wir natürlich nicht, ihre drängenden Aufrufe zum Schutz der Schöpfung entsprechen allerdings genau dem, worauf auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato si hingewiesen hat:

Unser Schwester, die Erde, so schreibt der Papst, „schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen … Darum befindet sich unter den am meisten verwahrlosten und misshandelten Armen diese unsere unterdrückte und verwüstete Erde“ (2).

Papst Franziskus zieht auch eine Parallele zur Gottesmutter Maria. Er nennt sie die „Königin der ganzen Schöpfung“ und schreibt: „Maria, die Mutter, die für Jesus sorgte, sorgt jetzt mit mütterlicher Liebe und mit Schmerz für diese verletzte Welt. … Darum können wir sie bitten, dass sie uns hilft, diese Welt mit weiseren Augen zu betrachten“ (241).

Ihr Magnifikat kann heute als eindrucksvolle Warnung an alle gelesen werden, die die Schöpfung ausbeuten und zerstören:

„Gott zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind. Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.“

Gott steht eindeutig auf der Seite der Armen, Kleinen, Unmündigen … Und die Erde, seine Schöpfung gehört nach den Worten von Papst Franziskus mittlerweile zu den Ärmsten der Ärmsten.

Das heutige Fest Maria Aufnahme in den Himmel wird damit zu einem Fest zur Bewahrung der Schöpfung. Der Brauch, Kräuter zu segnen, zeigt uns, dass dieser Aspekt des Festes schon seit Jahrhunderten gilt. Die Natur entfaltet ihre ganze Heilkraft genau zu dem Zeitpunkt, in der die Kirche die Vollendung Marias – die Königin der ganzen Schöpfung – feiert.

Der heilige Franz von Sales nennt Maria die „Königin aller Königinnen“. Er vergleicht sie mit „einem erlesenen Garten, der die Frucht des Lebens hervorbringen sollte, übersät mit Blüten aller Vollkommenheit.“ (DASal 3,114). Für ihn ist Maria „die Auserwählte, sie ragt unter allen Heiligen hervor wie die Sonne unter den Gestirnen (HL 6,9)“ (DASal 3,182). Und er bittet sie um ihre Fürsprache und ihren Segen:

„Heiligste Mutter Gottes, Du Gefäß einzigartiger Erwählung und Königin der erhabensten Liebe! Kein Geschöpf ist der Liebe so würdig wie Du, keines liebt so und wird so geliebt wie Du! An Dir fand der himmlische Vater von Ewigkeit her sein Wohlgefallen, denn er bestimmte Dein makelloses Herz zur Vollkommenheit heiliger Liebe“ (DASal 3,33).

Das klingt nicht nur sehr salbungsvoll, es soll auch so sein, um uns die Erhabenheit, Größe und Würde Marias deutlich zu machen. Vielleicht sollten wir beginnen, auch von unserer Schöpfung mit denselben salbungsvollen Worten zu reden, um deutlich zu machen, wie unwürdig und würdelos wir mit ihr umgehen.

Der heilige Franz von Assisi hat es uns mit seinem Sonnengesang vorgemacht:

„Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns erhält und lenkt und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter.“ Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS