Predigt zum 19. Sonntag im Jahreskreis (Mt 14,22-33)

Biegsames Herz

Mir  gefällt das eigentlich immer sehr, wenn der Apostel Petrus in einer Stelle des Evangeliums in den Fokus gerät. So auch heute in der Erzählung vom Seewandel Jesu. Beim Apostel Petrus können wir nämlich alle möglichen Schattierungen miterleben, die es im Glauben und in der Gottesbeziehung geben kann – und wir erleben dabei, dass all das nicht nur möglich ist, sondern eben auch sein darf: die Begeisterung für Gott und seine Botschaft genauso wie der Zweifel, die Freude genauso wie das Unverständnis, ja der Unglaube – die Angst genauso wie das Vertrauen.

Der heilige Franz von Sales meinte einmal „Selig, die biegsamen Herzen, denn sie werden nicht brechen“ (DASal 2,38). Er spricht damit unsere Bereitschaft an, sich in allen Lebenslagen, egal wie diese gerade aussehen mögen, an Gott anzupassen, also ihm ganz zu vertrauen und seinem Willen zu folgen, auch dann, wenn ich diesen Willen nicht verstehen sollte. Das biegsame Herz ist geschmeidig wie eine Wachskugel und lässt sich von Gott formen und modellieren, wie es ihm gefällt.

Der Apostel Petrus macht uns deutlich, dass ein solches Verhalten, also so ein biegsames Herz zu sein, gar nicht so einfach ist. Petrus war sicherlich zunächst einmal alles andere als ein biegsames Herz. Er war Fischer und hatte seine eigenen Vorstellungen und Meinungen, die er sich nicht so einfach nehmen ließ, nicht einmal von Jesus Christus selbst. Wahrscheinlich hat ihm Jesus daher auch deshalb den Namen Petrus, also Fels, gegeben. Petrus war ein Sturkopf, aber einer, mit dem man durch Dick und Dünn gehen kann.

Der Bericht aus dem heutigen Evangelium zeigt uns nun, wie aus dem Felsen schön langsam, nach und nach ein biegsames Herz wird, das nicht brechen kann. Das Boot wieder durchgerüttelt und Jesus geht über den See wie ein Gespenst. Alle schreien vor Angst. Petrus genauso wie alle anderen Jünger. Jesus beruhigt: „Habt Vertrauen, ich bin es, fürchtet euch nicht“. Petrus ist der Erste, der sich davon beeindrucken lässt, und er will es dann auch sofort ganz genau wissen: „Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme.“ Jesus geht darauf ein und sagt: „Komm!“

Petrus, zuerst voller Angst, zeigt nun seinen ganzen Mut. Er springt tatsächlich aus dem Boot und geht auf Jesus zu … dann aber ist es auch schon wieder aus mit seiner Tapferkeit. Die Angst kommt zurück, zieht ihn unter Wasser und wieder schreit Petrus: „Herr, rette mich!“ Die Reaktion Jesu ist klar: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“

Zwei Herzen schlagen in der Brust des Petrus: das eine, das impulsive, das energische, das mutige, das auf sich selbst vertraut, und das andere, das Angst bekommt und schreit, weil es noch nicht biegsam genug und noch nicht bereit ist, auf Jesus Christus voll und ganz zu vertrauen, also auch dann, wenn einem das Wasser bis zum Hals reicht.

Der Apostel Petrus macht uns Mut, auf unserem Glaubensweg nicht aufzugeben, egal wie stürmisch es dabei hin und wieder zugehen mag. Und Jesus empfiehlt uns vor allem das Vertrauen: „Habt keine Angst, fürchtet euch nicht, habt Vertrauen, ich bin es.“ Petrus wurde der erste Papst, also die Nummer 1 der Kirche, trotz – oder vielleicht sogar gerade wegen seiner Schwächen, seiner Schwierigkeiten, mit all dem zurecht zu kommen, was Jesus Christus verlangt. Schließlich und endlich aber wurde er jenes biegsame Herz, das nicht zerbrechen konnte, weil es voll und ganz auf Christus und seiner Botschaft vertraute: „Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn“. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS