Predigt zum 1. Fastensonntag (Mt 4,1-11)

Versuchung und Lockungen

Was hat sich eigentlich in meinem Leben seit dem letzten Sonntag verändert? Schön wäre es, wenn man da antworten könnte: Ja, doch, ein bisschen was schon. Seit Mittwoch ist nämlich Fastenzeit … österliche Bußzeit … Vorbereitungszeit auf das höchste Fest des Jahres: Ostern. Das Aschenkreuz am Mittwoch zeigt die Richtung an, in die es gehen soll. Stop, sagt es, halte mal inne in deinem Leben, gönne dir eine Nachdenkpause darüber, wie es bei dir so läuft, was solltest du ändern, was weglassen, was verbessern … Bedenk o Mensch, dass du Staub bist und zu Staub zurückkehren wirst … Mensch, werde wesentlich … Kehr um und konzentrier dich wieder mehr auf das Evangelium, das Wort Gottes, auf die Botschaft Jesu. Genau das will uns der Aschermittwoch deutlich machen.

Am heutigen 1. Fastensonntag hörten wir nun von den Versuchungen Jesu in der Wüste. Also auch Jesus selbst musste innehalten, sozusagen die Stopptaste drücken und sich mit der Frage konfrontieren: Was will ich überhaupt, worauf kommt es tatsächlich an, was ist teuflischer Schrott. Es geht dabei vor allem um Macht und Ansehen, Ruhm und Erfolg – die großen Versuchungen des Menschen: Steine zu Brot verwandeln können, Unverletzbar sein und über alles herrschen können. Jesus widersteht diesen Versuchungen, weil ihm klar ist: Gott allein sollst du dienen, ihm allein gebührt Ehre, Macht, Anbetung und Herrlichkeit.

Und das, so glaube ich, könnte ein erster guter Ansatzpunkt in meinem Leben sein: Gott wieder in den Mittelpunkt rücken, dorthin, wohin er gehört, meine Mitte ausmisten, damit Gott wieder Platz findet – mich von ihm lenken, leiten, bewegen und führen lassen, mein Herz wieder an ihm ausrichten. Da gibt es viele Möglichkeiten – eine davon ist zum Beispiel die Zeit. Wofür verwende ich meine Zeit? Wie viele Minuten in der Woche gehören Gott? Was mir wichtig ist, dafür habe ich auch Zeit.

Der heilige Franz von Sales spricht übrigens davon, dass Gott alles tut, um mich für ihn zu gewinnen, er zwingt mich nicht dazu, ihm zu folgen, aber er lockt mich. Er verspricht mir zwar nicht Macht, Ruhm, Ansehen und Unverwundbarkeit, sondern viel mehr: er verspricht mir das Leben in Fülle, das ewige Glück – ein sinnvolles Leben, und vor allem verspricht er mir seine Liebe, durch die mir eine einzigartige Würde geschenkt wird.

Wie gehe ich mit diesen Geschenken Gottes um? Nehme ich sie an, freue ich mich darüber, lasse ich sie mir schenken … oder übersehe ich sie, weil mir anderes eben wichtiger erscheint?

Franz von Sales sagt einmal: „Es gibt keine Rosen ohne Dornen“ (DASal 12,287) … Daher gibt es die Fastenzeit, die österliche Bußzeit, die Vorbereitungszeit auf Ostern, damit ich eben wenigstens einmal im Jahr darauf hingewiesen werde, ernsthaft über mein Leben, meinen Glauben, meine Beziehung zu Gott nachzudenken – auch wenn das manchmal dornig sein kann und Mühe kostet. Einmal im Jahr schickt uns die Kirche in die Wüste zum Nachdenken und Reflektieren … damit ich erkenne, ob ich eher den teuflischen Versuchungen folge oder den Lockungen Gottes. Mir steht es dann frei zu entscheiden, welchen Weg ich gehen will. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS