Predigt zum 1. Adventsonntag (Mk 13,33-37)

Wachsamer Glaube

Der Advent hat begonnen … also die Vorbereitungszeit auf das Weihnachtsfest. Jedes Jahr stellt sich dabei für uns die Frage nach dem Wie: Wie bereite ich mich auf dieses Fest vor? Wie soll ich mich darauf vorbereiten?

Als Erstes denken wir da wahrscheinlich an die Geschenke … was werde ich wem schenken? Vielleicht stellen sich manche sogar die Frage, ob sie das Ganze heuer nicht einfach sein lassen sollten …

Dann die Weihnachtspost: ganz klassisch, via Brief oder Karte? Oder vielleicht doch nur eine Email an alle? Geht ja viel schneller und einfacher. Oder nur mal wieder telefonieren …

Heuer haben wir ja alle das Problem, dass der Advent kürzer ist als sonst. Beim Adventskalender ist heute schon das dritte Türchen offen, obwohl der Advent ja erst gestern begonnen hat. Und die vier Kerzen am Adventkranz, die uns anzeigen, dass es immer heller wird, je näher Weihnachten kommt, die könnte man heuer eigentlich auf drei Kerzen reduzieren – denn der vierte Adventsonntag ist gleichzeitig der Heilige Abend.

In diesem Jahr ist also die Gefahr noch viel größer, dass wir ordentlich in den berühmten vorweihnachtlichen Adventstress verfallen und dann – am Heiligen Abend – nur noch wie Rainhard Fendrich singen können: „Leider ist halt schon wieder Weihnachten auf der Welt …“. Oder noch schlimmer, wie Ludwig Hirsch von der „Weihnachtstraurigkeit“.

Wenn ich mir all das so überlege, bin ich eigentlich ziemlich froh, dass ich Christ bin und daher all diese adventlichen Weihnachtsvorbereitungen, von denen ich gerade gesprochen habe, nicht das Wesentliche sind. Was von mir eigentlich nur gefordert wird, ist das, was Jesus im heutigen Evangelium sagt: „Seht euch vor und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist.“ – „Seid wachsam, denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt.“ – „Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!“ Dreimal fordert uns Jesus Christus zur Wachsamkeit auf. Es muss ihm also wirklich ein ganz besonderes Anliegen gewesen sein, das wir bei all den sonstigen Vorbereitungen ernst nehmen sollten.

Wie geht das nun – dieses „Wachsam sein“? Der heilige Franz von Sales meint einmal in einer Predigt, dass wir Gott um einen „wachsamen Glauben“ bitten sollen. Dieser Glaube ist „wachsam wie ein Hund, der auf der Lauer liegt, um die Beute zu erspähen.“ Und die Beute ist Jesus Christus selbst, der Herr, der immer wieder im Kommen ist und unser Leben begleiten will. Diesem wachsamen Glauben folgt dann „eine große Vielfalt weiterer Tugenden … das Vertrauen und die Beharrlichkeit, die Geduld und die Demut“ (DASal 9,432f).

Das also wäre für Franz von Sales ein echter Advent, eine wirkliche Vorbereitungszeit auf das Weihnachtsfest: die Bitte um einen wachsamen Glauben, verbunden mit Vertrauen, Beharrlichkeit, Geduld und Demut:

Vertrauen darauf, dass Jesus Christus wirklich da ist und mein Leben begleitet;

Beharrlichkeit in meinem Bemühen, jeden Tag von neuem zu beginnen, meinen Glauben im Alltag zu leben;

Geduld, wenn ich Gottes Gegenwart in meinem Leben einmal nicht spüre und das Gefühl habe, er wäre weit weg oder hätte mich verlassen;

Und schließlich Demut: das Staunen darüber, dass der große allmächtige, unbegreifliche Gott zu mir kommen, bei mir sein will, in meinem kleinen Leben eine Rolle spielen will.

All das erbitte ich, wenn ich Gott um einen wachsamen Glauben bitte, nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten, in dem ich eben auch mit mir selbst und mit meinen Mitmenschen wachsam umgehe, die Kleinigkeiten nicht übersehe, indem ich alles, was ich tue, vor allem mit Liebe tue. Denn „die Liebe“, so Franz von Sales, „gibt den Dingen ihren Wert“.

Wer also im Advent Stress hat und darüber stöhnt, was er nicht noch alles zu tun hat, der macht – christlich gesehen – irgendetwas falsch, denn Gott möchte von uns eigentlich nur, dass wir einen wachsamen Glauben haben, einen Glauben, der vertraut, beharrlich, geduldig, demütig ist – in den kleinen Dingen des alltäglichen Lebens.

Und das tut gut. Es macht glücklich – und so wird Weihnachten wirklich das Fest der stillen und der heiligen Nacht, in der Gott Mensch wird, einer von uns. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS