Predigt zum 1. Adventsonntag (Lk 21,25-28.34-36)

Die Liebe vertreibt die Furcht

Und schon ist wieder Advent … die Zeit des Wartens auf das Kommen unseres Herrn Jesus Christus. Die erste Kerze brennt am Adventkranz und macht uns deutlich: Es soll etwas heller werden in den Dunkelheiten dieser Welt.

Adventlich, aber in einem ganz anderen Sinne, als wir das gerne hätte, ist auch die Botschaft Jesu, die wir gerade gehört haben:

„Die Völker werden bestürzt und ratlos sein … die Menschen werde vor Angst vergehen … die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.“

Da kommt ganz und gar keine Weihnachtsstimmung auf, sondern eher Katastrophenstimmung … Weltuntergang.

Was soll das Ganze? Warum stellt die Kirche ein solches Evangelium an den Beginn der Adventzeit? Ja, warum enthält die Botschaft Jesu, die ja eigentlich eine frohe Botschaft sein sollte, solche Katastrophenbeschreibungen?

Ein Grund ist sicher der, dass sie der Realität entsprechen. Katastrophen gab es damals, gibt es heute und wird es auch in Zukunft geben, Katastrophen, vor denen der Mensch ratlos und bestürzt davorsteht, erschüttert und voller Angst. Wir kennen das glücklicherweise fast nur aus den Medien, nur hin und wieder und im kleineren Rahmen sind wir auch selbst davon betroffen, vor allem dann, wenn der Tod an unsere Türen klopft.

Jesus verschließt vor diesen Realitäten nicht die Augen, sondern mahnt uns zur Wachsamkeit: „Wacht und betet allezeit“ … Hört nicht auf, euren Glauben und euer Vertrauen in das Wirken Gottes zu leben, zu trainieren, zu festigen. Und Jesus macht uns Hoffnung: nicht die Katastrophe ist das Letzte, das Ende, sondern eure Erlösung, das Kommen des Menschensohnes mit großer Kraft und Herrlichkeit.

Und es gibt noch einen zweiten Grund, auf den uns der heilige Franz von Sales aufmerksam machte. Auch er fragte sich: „Warum spricht Christus so oft vom Gericht und vom Ende der Welt?“ Seine Antwort: „Um Furcht einzuflößen. Aber warum will er, dass wir uns fürchten? Damit wir lieben, denn die … Liebe verbannt die Furcht.“

Das ist also der Grund, den der heilige Franz von Sales in diesen Endzeitbotschaften Jesu erkennt: Jesus möchte, dass wir noch mehr die Liebe leben, die er uns zum Hauptgebot machte: die Liebe zu Gott, die Liebe zu den Menschen und der Schöpfung, die Liebe zu uns selbst. Denn diese Liebe ist die einzige Methode, die Angst, Bestürzung, Ratlosigkeit und Erschütterung vertreibt und uns erkennen lässt, dass die Erlösung nahe ist. Damit wird diese Botschaft Jesu, die wir am 1. Adventsonntag hören, tatsächlich zu einer Weihnachtsbotschaft, die wir in gut vier Wochen feiern werden: das Geburtsfest des Menschensohnes, unseren Herrn Jesus Christus, die menschgewordene Liebe Gottes unter uns. Genau deshalb schreibt auch der Apostel Paulus an die Gemeinde von Thessalónich den schönen Segenswunsch: „Der Herr lasse euch wachsen und reich werden in der Liebe zueinander …, damit euer Herz gestärkt werde.“

Vertreiben wir also die Furcht durch die Liebe und seien wir wachsam im Gebet, damit das Gottvertrauen in uns wachsen kann und es in den kommenden Wochen bis Weihnachten heller und heller wird. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS