„Alles aus Liebe, nichts aus Zwang“

Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft für Salesianische Spiritualität

Unter dem Motto „Alles aus Liebe, nichts aus Zwang“ fand erstmalig eine Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft für Salesianische Spiritualität am 15.10.2021 in digitaler Form statt. Neben Mitgliedern der salesianischen Ordensfamilie (Oblatinnen und Oblaten des Hl. Franz von Sales, Schwestern der Heimsuchung Mariens) haben weitere salesianisch interessierte Frauen und Männer aus Deutschland und Österreich an der Veranstaltung teilgenommen.

Zentrales Anliegen salesianischer Spiritualität

Die Tagung griff ein zentrales Anliegen der Spiritualität des hl. Franz von Sales auf. In einem Brief aus dem Jahr 1604 schreibt der Bischof von Genf an Johanna Franziska von Chantal (1604): „Dies soll die Grundregel unseres Gehorsams sein: Ich schreibe sie in großen Buchstaben: ALLES AUS LIEBE TUN UND NICHTS AUS ZWANG! […] – Ich lasse Ihnen den Geist der Freiheit; nicht jenen, der den Gehorsam verneint, denn dies ist die Freiheit des Fleisches, sondern jenen, der Zwang, Skrupel und Hast ausschließt“ (DASal 5,58).

In der Formulierung  „Alles aus Liebe, nichts aus Zwang“ wird die Grundausrichtung salesianischer Spiritualität besonders deutlich. So soll der Geist der Liebe und der Freiheit das Denken und Tun des Menschen bestimmen. Damit ist keinesfalls einem libertinistischem Freiheitsbegriff das Wort geredet. Vielmehr zeigt sich im salesianischem Verständnis von Liebe eine Freiheit, die sich selbst relational versteht und daher aktiv Verantwortung für andere Personen und Aufgaben übernimmt.

Spiritualität des Möglichen

Eine solch verstandene Form salesianischer Liebe und Freiheit wurde durch die inhaltlichen Inputs bei der Herbsttagung deutlich herausgearbeitet. Christoph Salinger, Student für soziale Arbeit in Benediktbeuern, reflektierte seine persönliche Auseinandersetzung mit dem geistlichen Direktorium des hl. Franz von Sales. In dieser Schrift werde die salesianische Akzentuierung von Freiheit deutlich. So kennzeichne nicht „das Einhalten äußerer Vorschriften… den Gottesfürchtigen, sondern das innere Ergriffensein durch die Liebe“. Die salesianische Spiritualität könne auch als eine „Spiritualität des Möglichen“ charakterisiert werden.

Das Wappen der Heimsuchung

Franziska von Dohlen, Schwester der Heimsuchung Mariens im Kloster Zangberg, legte ihren persönlichen Zugang zur salesianischen Botschaft der Liebe anhand des Wappens über dem eigenen Klosterportal dar. So habe Franz von Sales selbst das Wappen der Heimsuchung entworfen. Es zeige ein einziges, von zwei Pfeilen durchbohrtes, von einer Dornenkrone umschlossenes Herz, in das die heiligen Namen Jesus und Maria eingegraben sind. Als Einfassung diene ein aus diesem Herzen emporragendes Kreuz. Sr. Franziska zeigte mit ihrem heraldischen Interpretationsansatz den Primat salesianischer Liebesfreiheit auf. Schließlich „bin ich Heimsuchungsschwester geworden, weil Franz von Sales die Liebe über jede Regel, erst recht über jeden Zwang gestellt hat“.

Salesianische Freiheit

Mit ihrem Beitrag „Salesianische Freiheit und motivierende Gesprächsführung in der Beratung“ wies die Paderborner Sozialpädagogin Anja Willeke daraufhin, wie sich eine salesianische verstandene Freiheit in professionellen Beratungskontexten wie der Motivierenden Gesprächsführung heute wiederfinde. Im Geist von Partnerschaftlichkeit, Akzeptanz und Mitgefühl könne bei Klienten eine Evokation erfolgen, durch die beispielsweise Menschen mit Sucherkrankungen erste Schritte aus der Sucht heraus setzen lernen. Gerade Akzeptanz und Empathie könnten eine nachhaltige Veränderung der Motivation von Menschen bewirken.

Resümee

Als Resümee der Herbsttagung lässt sich ziehen: Das neue Format dieser Veranstaltung hat sich bewährt. In der zweistündigen Online-Veranstaltung haben sich ca. 20 Teilnehmende zu einem grundlegenden Aspekt salesianischer Spiritualität und dies in einem offenen-geschwisterlichen Geist ausgetauscht.

Eine weitere Vertiefung des salesianischen Mottos „Alles aus Liebe, nichts aus Zwang“ erfolgt bei der kommenden Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Salesianische Spiritualität, die vom 03.-05. März 2022 stattfinden wird. Schon jetzt herzliche Einladung!

Dr. Thomas Günther

Tagungsleitung AG Salesianische Spiritualität