Predigt zum Weihnachtsfest (Joh 1, 1-18)

Gott meines Herzens

Das Hochfest der Geburt unseres Herr Jesus Christus hat den großen Vorteil, dass es auch in der säkulären Gesellschaft ein Thema ist. Nicht nur die Frommen feiern Weihnachten, sondern auch jene, die mit Glauben oder Kirche ansonsten nichts zu tun haben.

Es ist sogar das Phänomen festzustellen, dass die so genannten Ungläubigen oder Kirchenfernen bei diesem Fest der Kirche sogar weit voraus sind … Da beginnt Weihnachten ja für viele schon Wochen, ja Monate vor dem 25. Dezember … In den Straßen werden Weihnachtslieder gesungen, Lichterketten und Christbäume entzünden, sämtliche Medien richten ihre Programme und Inhalte nach diesem Fest aus – und die Werbeindustrie verkündet die Frohe Botschaft: Macht euch gegenseitig eine Freude, beschenkt euch, wünscht einander ein frohes Fest und denkt auch an die, denen es nicht so gut geht. Zahlreiche Spendenaktionen werden durchgeführt – und das Spendenaufkommen ist geradezu phänomenal.

Deutlicher kann man eigentlich gar nicht beweisen, dass das, was uns der Prolog des Johannesevangeliums prophezeit, auch tatsächlich eingetroffen ist: Das Licht leuchtet in der Finsternis. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.

Ebenso deutlich wird allerdings, was in diesem Prolog noch steht: Die Welt erkannte ihn nicht. Die Seinen nahmen ihn nicht auf.

In dieser Spannung habe ich als Christ in dieser Welt zu leben. Nirgends wird einem das emotional deutlicher bewusst als in der Weihnachtszeit: Gott wird Mensch – Gott kommt in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Meine Aufgabe als Christ in dieser Welt ist es, diese Spannung nicht nur auszuhalten, sondern sie zu überwinden, in dem ich ähnlich wie Johannes der Täufer Zeugnis ablege für das menschgewordene Wort Gottes, und in dem ich Gott meine Wohnung, mein Leben, mein Herz öffne und ihn bei mir aufnehme.

In meinem Leben, in meinem Alltag, in meinem Verhalten, in meinem Denken, Reden, Tun und Arbeiten darf Gott eine Rolle spielen. Er darf mich beeinflussen, ich will auf ihn hören, er darf mir Ratschläge erteilen und er darf mich auch kritisieren. Ich bin bereit mich zu ändern, wenn er das für richtig hält. Nicht mein Wille soll geschehen, sondern der seine. Denn ich glaube daran, was nicht nur der Evangelist Johannes verkündete, sondern nach ihm auch zahlreiche Kirchenlehrerinnen und Kirchenlehrer bis hin zum heiligen Franz von Sales: Gott ist Liebe – „Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade“. Er hat sich klein gemacht, um ganz bei den Menschen sein zu können. Er hat sich erniedrigt und war gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz, damit ich endlich begreife, dass er mich unendlich liebt.

Diese innige, ja fast intime Botschaft des Weihnachtsfestes kommt in der säkularen Welt natürlich nicht vor. Umso mehr ist es unsere Aufgabe, dafür Zeugnis zu geben. Ja, Gott, „Du bist der Gott meines Herzens“ (DASal 12,179) – daran glaube ich, dafür liebe ich dich, deshalb möchte ich dich in mein Leben aufnehmen, damit die Welt deine Herrlichkeit erkennt, deine Herrlichkeit voll Gnade und Wahrheit.

Wenn wir Weihnachten feiern, dann feiern wir die Sehnsucht Gottes, von uns Menschen geliebt zu werden. Dieser Sehnsucht Gottes nach unserer Liebe eine Antwort zu geben, das wäre unsere Aufgabe: „Ja, Herr, du weißt alles, du weißt, dass ich die liebe“ – Du bist der Gott meines Herzens. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS