Predigt zum Priesterjubiläum P. Grois OSFS und P. Szabo OSFS

Gold und Silber

Priesterjubiläum P. Georg Grois OSFS (Gold) und P. Eugen Szabo OSFS (Silber)

Lesungen vom 13. Sonntag im Jahreskreis, 26. Juni 2016, Linz-Pöstlingberg

Priesterjubiläen laden normalerweise ein, in die Vergangenheit zu blicken. Zurückzublicken auf 25 und 50 Jahre priesterliches, ruhmreiches Wirken! Und es bietet sich natürlich so ein Jubiläum auch an, danke zu sagen: danke sagt Ihr Jubilare heute für die Treue zu eurer Entscheidung, für die Kraft, die euch nicht ausgegangen ist, für die Gnade, ohne die Ihr nicht nachfolgen und wirken könnt, danke sagt Ihr für die Freude an Gott und den Menschen, die euch motiviert hat und selbst auch begeistert hat, danke könnte Ihr heute sagen für die persönliche Reifung als Menschen, die euch immer authentischer hat werden lassen, danke für den Glauben, der für das Priestertum ein – wenn nicht das wesentliche Fundament ist, danke für die vielen Menschen, die euch begleitet haben in guten und in weniger guten Zeiten. Und ein Jubiläum bietet sich uns an, Euch danke zu sagen. Danke sage ich euch als Provinzial der Sales-Oblaten, dass Ihr euren Weg als Priester in unserer Ordensgemeinschaft der Oblaten des hl. Franz von Sales geht, danke sagen die vielen Menschen, die euch in euren verschiedenen Aufgabenbereichen begegnet sind und denen Ihr als Priester etwas mitgegeben habt: Stärkung ihres Glaubens, Trost in traurigen und schwierigen Lebenssituationen, ansprechende und wohltuende Liturgien, manchmal vielleicht auch nur ein schweigendes Dasein, ein Miteinander Suchen und Fragen, ein Ringen um Antworten aus dem Glauben, ein Mitgehen eines prägenden und bewegten Lebensabschnitt. All dieser Dank darf und soll Euch heute am Herzen liegen und auch im Herzen erreichen. Auch, wenn es sich für einen demütigen Oblaten-Priester nicht wirklich gehört, so dürft Ihr trotzdem heute (Georg Du doppelt so viel wie Du Eugen!) ausnahmsweise stolz sein darüber, was euch alles gelungen ist, was Ihr durch euer Engagement für das Reich Gottes bisher segensreich und fruchtbar gewirkt habt.

Wenn wir uns aber das heutige Evangelium über die Nachfolge Jesu und auch die Lesung von der Berufung des Elischa noch einmal vergegenwärtigen, dann ist das Zurückschauen eigentlich gar nicht so wichtig oder vielleicht sogar gefährlich. Und das könnte man auch bei solchen Jubiläen, wie Ihr sie heute feiert, so sehen. Denn zu schnell gefällt man sich in der eigenen ruhmreichen Vergangenheit viel mehr als in der Gegenwart und Zukunft und denkt deshalb viel lieber zurück als nach vorne. Man genügt sich in seinen Verdiensten und vergisst darauf, sich immer neu aufzumachen und zu orientieren. Es ist genau die Falle, in die wir als Kirche viel zu oft hineintappen: von Früher zu reden, wie alles noch anders war, besser, klarer, geordneter, braver und katholischer, geregelter und eindeutiger. Es ist aber genau das, was der Prophet Elija und – genau ihm gleich – Jesus scharf kritisiert oder gar verurteilt. Wer die Hand an den Pflug legt und nochmals zurückschaut, taugt nicht für das Reich Gottes. Jesus und Elija erkennen genau, dass man die Gegenwart nicht gestalten und entscheiden kann, wenn man sich allein auf die Vergangenheit beruft. Und sie erkennen, dass eine Berufung für das Reich Gottes nicht stimmig und ganzheitlich sein kann, wenn jemand immer wieder (nur) zurückschaut, immer wieder an seinen alten Bindungen und Verwurzelungen festhält, letztlich wenn jemand nicht loslassen kann, um ganz frei für die anstehenden Aufgaben zu sein. Zur Freiheit seid ihr berufen, schreibt der hl. Paulus an die Galater, nicht zur Abhängigkeit an Vergangenes und sei es noch so schön gewesen. Und ich denke, wenn Ihr beide heute auf Euer Priestersein zurückblickt, dann waren es genau diese Zeiten und Momente in euren gemeinsamen 75 Priesterjahren, von denen Jesus spricht und die Euch nicht haben bequem und bieder und satt werden lassen. Es sind die Zeiten, in denen Ihr wie Jesus selbst euer Gesicht Richtung Jerusalem gerichtet habt. Wortwörtlich heißt es ja: Jesus machte sein Gesicht hart in Richtung Jerusalem. Also wohl wissentlich, dass das jetzt nicht der einfachere und leichtere Weg ist, der jetzt auf ihn wartet, sondern der herausforderndere, der steilere und leidvollere. Denn Jesus wusste, genau, dass der Weg nach Jerusalem der Weg in die Passion bedeutete. Aber genau an diesen Wegkreuzungen entscheidet sich eine Berufung als Priester immer wieder neu und bleibt authentisch, stimmig und echt. Wenn man Euch beide kennt, dann weiß man, dass ihr Vollblutpriester seid. Dass Ihr Freude habt und ich getraue mich das sogar Lust (!) am priesterlichen Amt zu nennen. Und gerade diese Lust kommt nicht auf durch das Festhalten am ewig Gestrigen, sondern durch die stetige Auseinandersetzung mit der Gegenwart, mit dem, was gerade ansteht und was nach einer Lösung bzw. nach Erlösung ruft. Genau so lassen sich Jesu Worte sinnvoll interpretieren: der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann. Das heißt, einem für das Gottesreich Berufenen ist es nicht wichtig, sich für ewige Zeiten irgendwo einzurichten. Er bleibt nicht stehen, sondern ist unterwegs. Einem für das Gottesreich Berufenen muss das Leben der Menschen wichtiger sein als der Toten- und Grabeskult. Es ist ein Leben in der „Schwebe des Lebendigen“ – würde der Schriftsteller Max Frisch es nennen. Denn das ist der Zustand des liebenden Menschen, so Max Frisch. Und damit rechnet man bei einem Priester. Wenn ein Priester kein liebender Mensch ist, dann ist er wohl im falschen Film/Beruf.

Was Euch beide angeht, Georg und Eugen, so habt Ihr durchaus – gottseidank – für diese Berufung, von der Jesus wie auch Elija ausgehen, ein paar hilfreiche Charaktereigenschaften mitbekommen, die Euer Menschsein mit Eurem Priestersein synergetisch verbinden und ergänzen. Denn wer dich kennt, Eugen, der kennt auch deinen Hang zum Abenteuer. Abenteuerurlaube in den tiefsten Wäldern von Siebenbürgen, Radfahrabenteuer mit und ohne Anhänger über tausende Kilometer, und wenn schon nicht in der Realität, dann zumindest virtuell in Phantasie und Sciencefiction Filmen (Herr der Ringe und Star-Wars). In diesen Abenteuerlichkeiten fühlst du dich wohl … und daher ist der Ort, wo du dein Haupt hinlegst, durchaus flexibel … und deine Nächtigungsplätze sind nicht mit Fuchshöhlen oder Taubennestern zu vergleichen. Manchmal klopfen selbst Bären an deinen Zelteingang. Ich bin überzeugt, dass dir diese Ader für Abenteuer auch für das Abenteuer des Reiches Gottes als Priester sehr dienlich ist und dich antreibt und lebendig hält. Bei dir, Georg, ist diese Motivation auf einer anderen Ebene zu finden. Und das ist die Eigenschaft deines Humors. Ich habe es noch nicht geschafft, eine Statistik aufzustellen, daher weiß ich es nicht, ob überhaupt eine viertel Stunde vergehen kann, ohne dass dir nicht ein Witz einfällt geschweige denn, dass du ihn jemanden erzählst. Dabei sind die Witze bei dir eigentlich nur die Spitze des Eisberges (deines Humors). Humor ist eine wunderbare Eigenschaft für einen Priester. Denn einem Priester steht die Demut immer gut. Und Humor und Demut haben eine gemeinsame Wurzel. Humorige und demütige Priester stehen mit beiden Beinen auf dem Boden, sie haben einen besonderen Blick für das, was ist und eine besondere Gabe, die Wahrheit in einer humorigen Art und Weise ans Licht zu bringen. Denn nur wer über den Dingen steht, kann auch über sie lachen, sagt einmal Chesterton, der Autor der berühmten P. Brown-Bücher. Humorvolle Menschen tun sich auch in der Nachfolge Jesu leichter, weil sie vieles eben von der leichteren Seite betrachten und nicht jeder Kleinigkeit so viele Gewicht und Dramatik beimessen, wie das Menschen mit wenig Humor gerne tun. Jesus macht sich dennoch auf den Weg nach Jerusalem, wo gerade solche Menschen auf ihn warten, mit denen nicht zu spaßen ist. Sie machen ernst und schrecken vor keiner Tat zurück, wenn ihnen der nicht passt, der sich für die Freiheit, Würde und den Wert der Menschen einsetzt, der es als ein von Gott beauftragtes Amt sieht, den Menschen zu verkünden, dass sie von Gott geliebte Töchter und Söhne sind. Dennoch geht Jesus. Er ist demütig von Herzen.

Die Hand an den Pflug zu legen, ist euch beiden nie schwergefallen. Und ihr wisst, dass man dorthin schauen muss, wo man pflügt. Deshalb ist der Blick zurück nicht förderlich. Auch wenn Priesterjubiläen darauf hindeuten, dass man nicht jünger wird, sondern auch das Alter langsam aber doch anklopft und sich einstellt, so vergehen für einen Priester dennoch niemals die Wachsamkeit und Aufmerksamkeit, die Sensibilität und Wahrnehmung der geistlichen Sehnsüchte und Bedürfnisse der Menschen. Ihr beide seid wachsam, aufmerksam und habt einen Blick für das, was die Menschen brauchen, und für das, was Gott für jeden von ihnen bereithält. Bei dir, Georg, meine ich, dass du diese Wachsamkeit behältst, auch wenn du dich durchaus ein bisschen mehr ans leiser Treten gewöhnen darfst. Und für dich, Eugen, sind die Fitnessprogramme und der Ausbau des Radwegnetzes im Mühlviertel ein Grund, noch nicht an die Pension zu denken. Dass Ihr euer Priestersein ob eher im Pensionsalter oder noch im besten Mannesalter weiterhin authentisch und überzeugt, engagiert und bereitwillig, liebenswürdig und doch nicht angepasst lebt, das möchte ich euch (in unser aller Namen) wünschen. Amen

P. Thomas Vanek OSFS