Predigt zum Ostersonntag (Joh 20,1-9)

Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?

Das leere Grab, von dem im heutigen Evangelium berichtet wird, machte den Jüngerinnen und Jüngern klar: Jesus lebt. Er hat den Tod besiegt. Der Tod ist also nicht das Ende, sondern die Vollendung in der Liebe Gottes. Für die Jüngerinnen und Jünger Jesu, namentlich für Maria aus Magdala oder für Petrus und Johannes, war diese Botschaft schwer zu glauben, ja fast unbegreiflich. Für alle brauchte es eine Zeit, um zu sehen und zu glauben.

Seither ist diese Botschaft der Kern des Christentums. Der Tod ist nicht das Ende, sondern das Ewige Leben. Das Grab ist leer, Jesus lebt. Er ist auferstanden. Er hat den Tod bezwungen und das Leben neu geschaffen, jede und jeder wird durch den Tod hindurch zum Ewigen Leben auferstehen.

Wenn wir den Tod des heiligen Franz von Sales betrachten, dann ist sein Sterben und sein Tod von dieser Auferstehungshoffnung geprägt. Für Franz von Sales war der Tod nichts anderes als die Ankunft im Hafen der Ewigkeit. Es ist jener Ort, an dem wir den Auferstandenen Herrn Jesus Christus von Angesicht zu Angesicht begegnen und der uns daraufhin in jene Wohnungen führt, die er für uns vorbereitet hat. Im Himmel wird der Lobpreis Gottes ohne Ende sein. Eines der letzten Gebete im Leben des heiligen Franz von Sales lautete daher:

„Gott, befreie meine Seele aus dem Gefängnis des irdischen Leibes, damit ich deinem heiligen Namen lobsingen kann.“

Zu diesem Zeitpunkt war der heilige Franz von Sales vom Tod bereits gezeichnet. Am 27. Dezember 1622 hatte er einen Schlaganfall erlitten. Er war halbseitig gelähmt, konnte sich kaum mehr bewegen. Seine Stimme war oft nur ein Lallen. Die Menschen versuchten seine Lebensgeister zu wecken und fügten ihm deshalb weitere Schmerzen zu. Sie glaubten, dann würde er wieder zu Kräften kommen. In diesem Schmerz wollte Franz von Sales nur noch Erlösung. Er wollte in den Hafen der Ewigkeit, an den er sein Leben lang glaubte. Dies geschah dann einen Tag später, am 28. Dezember 1622. Franz von Sales wurde 55 Jahre alt.

Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Werden die Jüngerinnen und Jünger am Ostermorgen gefragt. Und diese Frage stellt sich auch uns, wenn wir uns der Verstorbenen erinnern. Wenn wir wirklich an die Auferstehung glauben, dann glauben wir auch daran, dass unsere Toten leben, dass wir mit ihnen in Kontakt bleiben können, dass wir für sie beten können und sie um Hilfe bitten können.

Unsere Verstorbenen werden damit zu Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung. Wenn wir uns an das Leben des heiligen Franz von Sales erinnern, dann erinnern wir uns nicht an einen Toten, der vor vierhundert Jahren Genfer Bischof war, wir leben vielmehr mit jemanden, der durch die Auferstehung Jesu weiterlebt, als Heiliger, als Kirchenlehrer, als Schutzpatron der Gehörlosen, der Schriftsteller und Journalisten, als Patron unserer Pfarrgemeinde.

Gleiches gilt für unsere verstorbenen Angehörigen, Freunde, Bekannten … sie sind nicht tot, sie leben. Wir können mit ihnen kommunizieren, sie um Hilfe bitten, von ihnen lernen, auf sie hören. Sie sind unsere Fürsprecher im Himmel und bereit, für uns zu sorgen, uns zu unterstützen.

Wenn wir Ostern feiern, dann feiern wir vor allem das Leben, das uns Jesus Christus geschenkt hat, es ist ein Leben, das nicht mit dem Tod endet, sondern ewig dauert.

Der heilige Franz von Sales schreibt über dieses alles verändernde Ereignis, das wir jedes Jahr von neuem feiern: „Wir sind mit Jesus Christus in seinem Tod begraben, damit wir nicht mehr das alte, sondern das neue Leben haben“ (DASal 5,263-264). Und genau das ist am Ostermorgen geschehen. Neues Leben beginnt.

Der Auftrag des Ostermorgens lautet: Geht und sagt es allen: Jesus lebt. Das bedeutet: Es gibt eine Zukunft. Sünde und Tod sind überwunden. Habe Mut und lebe! Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS