Predigt zum Gedenkgottesdienst P. Johann Königseder (Röm 8,18-23; Mt 13,1-9)

Missionar mit Leib und Seele

Pater Hans schrieb für das Buch „Mission und kirchliche Entwicklungszusammenarbeit aus OÖ“ über sich selbst: „Eine wichtige Frage für jeden älteren Missionar ist: Wo werde ich den Ruhestand, meine letzten Jahre verbringen? In der Fremde, die mir trotz aller Unterschiede und Nichtverstehen-können zur Heimat geworden ist, oder in der einstigen Heimat, die mir fast fremd geworden ist?“ Es war genau diese Frage, die ihn in den letzten Jahren seines Lebens umgetrieben hat, und die in unseren Gesprächen jedes Mal, wenn wir zusammenkamen, Thema war. Auf meine Einladung hin, seinen Lebensabend doch in seiner Heimat OÖ zu verbringen, zögerte er jedes Mal, wenn ich sie aussprach, da seine Heimat doch in den fast 50 Jahren Afrikamissionar Namibia geworden ist. Heimat ist ja, was einem vertraut ist, wo man sich daheim, zuhause fühlt, wo man nicht fragen muss: wie tut ihr denn da und dort, wenn das und jenes eintritt? Ich hatte den Eindruck, das wusste P. Hans für Namibia viel mehr als für seine ursprüngliche Heimat hier. Wenn er erzählte, dann hörte man das Schwärmen heraus für all das, was dieses Wüstenland an verborgenen Schönheiten zu bieten hat. Er selbst beschreibt, was ihn an diesem Land so beeindruckt hat, und warum man sich vorstellen kann, dass er es selbst in der Bedrängnis von Alter und Krankheit nicht loslassen konnte: „Man muss Namibia mit den vielen Kontrasten gesehen und erlebt haben. Herrlich leuchten die rötlichen Sand-dünen auf dem Weg nach Aroab in der Abendsonne. Die meisten Besucher gestehen: Das hätte ich mir nicht so vorgestellt. Sie sind angetan von der Schönheit des Landes, der Dürre, aber auch von der Blumenpracht nach einem guten Regen. Unsere Einheimischen haben Zeit und Geduld. Sie kennen keine Hektik noch Stress, besonders bei Gottesdiensten und Begräbnissen. Trotz mancher materieller Entbehrungen hinterlassen sie einen zufriedenen Eindruck.“ Man kann diese Schilderung einmal auf unser Lebensgefühl hier in der wohlhabenden Industriewelt wie ein Muster legen und wird merken, welch großen Kontrast P. Hans zunehmend erlebt haben muss, wenn er hier bei uns war. Unsere Hektik, unsere Schnelllebigkeit, unser Stress, unsere Unersättlichkeit, unser Streben nach möglichst viel Erlebnis, möglichst viel Konsum, möglichst viel Auswahl … all das muss ihn seine ursprüngliche Heimat eigentlich immer mehr zur Ferne oder gar Fremde haben werden lassen. Dagegen konnte er nicht zu schwärmen aufhören, wenn er von der Farm erzählte, auf der er wohnte, von der Safari und von der Jagd, vom Erlebnis der wilden Tiere, die er auch immer mit einer gewissen Spannung und Achtsamkeit in Verbindung brachte. All das lockte ihn offensichtlich, sicher auch deshalb, weil er hier im Mühlviertel in seiner Kindheit was Ähnliches erlebte, genauso dann auch noch in Dachsberg in den ersten Jahren seiner Gymnasialzeit. Vielleicht kann man das mit dem Gleichnis beschreiben, das uns heute Jesus für unser Leben mitgibt. Es ist das Erlebnis, das ein Bauer hat, wenn er auf dem Feld ist und die Saat aussät. Aber vielleicht ist selbst einem Bauern, der das heute maschinell tut, dieses Erlebnis schon fremd geworden. Der Bauer in dem Gleichnis Jesu sät die Körner reichlich – und sogar auf den Boden, der nicht viel Wachstum verspricht. Er sät sogar auf den Weg, was heute sicher kein Bauer mehr tut. Aber der Sämann sagt sich: was auch immer wo auch immer wächst und Frucht bringt, dient dem Schöpfungsgedanken Gottes. Gott hat in uns, in unsere Welt schon mit dem ersten Schöpfungsakt den Urimpuls des Wachsens und Werdens hinein-gelegt, dass es sich immer auszahlt, wenn das Leben sich durchsetzt, auch wenn der Ertrag viel-leicht nicht immer hundertprozentig ist. Es zahlt sich aus, wenn Gutes gesät wird und daraus wieder Gutes wächst. Natürlich schmerzt es, wenn das Gutgemeinte und Gutgesäte erstickt wird, aufgefressen wird, zu oberflächlich ist und daher sich nicht wirklich durchsetzt. Es ist das Leid, von dem der hl. Paulus spricht, mit dem wir uns unser Leben lang ebenso auseinander zu setzen haben wie mit der Freude und dem ersehnten Glück. Und doch liegt hinter dem Leiden eine Hoffnung, dass das, was nach diesem Leiden kommt weitaus das Leid übertrifft: es ist die Herrlichkeit Gottes, die auf uns wartet, damit sie offenbar werden kann, wenn die Schöpfung aus ihren Geburtswehen heraustritt und in die Freiheit gelangt, die Gott in alles hineingelegt hat, was er geschaffen hat. Das ist wohl die Botschaft, die P. Hans lockte, aufzubrechen und sie den Menschen zu bringen, die unter unmenschlichen sozialen Bedingungen leben mussten. Er selbst beschrieb das so: „Ein unbekanntes Land lockt, es kennen zu lernen, und eine neue Aufgabe regt Kräfte und Phantasie an… Mit jugendlichem Eifer lernt man gerne und will Menschen retten durch die Verkündigung der Botschaft Christi. Wie schrecklich war doch die Zeit der Apartheid – ein Gesetz der Buren gegen Menschlichkeit und Liebe.“ Es war die Menschlichkeit und die Liebe zu den Menschen, die P. Hans sein ganzes Leben lang begeisterte, die er in der Spiritualität des Franz von Sales als Kernstück fand und die ihm und seiner Sehnsucht entsprach und die er als Missionar aussäte. Davon konnte er uns jedes Mal, wenn wir ihm begegneten, überzeugen. Viele Freunde hier im deutschsprachigen Raum unterstützten seine Missionsarbeit kräftig und so konnte er oft die vollen Taschen, mit denen er von hier zurück nach Afrika aufgebrochen ist, dort wieder gewissenhaft und verantwortungsvoll ausleeren. Allen, die P. Hans unterstützten, darf ich hier ein großes Danke sagen!

Es war der Humus, die Erde, mit der unser P. Hans als begeisterter Farmer so sehr verbunden war. Humus steckt im Wort Humor. Ich kenne kaum einen Menschen, der so herzhaft lachen konnte und der seine Geschichten so erzählte, dass man mit ihm nicht mehr zu lachen aufhören konnte. Da war etwas in ihm, das man mit einer Fröhlichkeit und der Freiheit der Kinder Gottes in Verbindung bringen konnte. Er war zwar der Bruckn-Hansl, hätte aber aufgrund seines Humors auch Phillip Neri, Franziskus oder Don Bosco zum Namenspatron haben können. Denn ich erinnere mich gerne an seine Geschichten von den Affen und den Elefanten, von der Springbockjagd, die er mit seiner Spitzbübigkeit so erzählte, dass man nicht genau wusste, was jetzt wahr ist und was davon Jäger-, Farmer- oder Safarilatein war. Letztlich wusste man es spätestens dann, wenn er am Ende seiner Geschichte Tränen zu lachen begann.

Danke, P. Hans, dass du dein Leben in den Dienst des ewigen Sämanns gestellt hast. Dass du nie aufgehört hast, fasziniert zu sein von der Liebe Gottes zu allen Menschen. Und dass du nie aufgehört hast, dich für diese Menschen zu verschenken. Ich bin überzeugt, dass die Leiden, die du am Ende deines Lebens zu ertragen hattest, nichts sind im Vergleich zu der Herrlichkeit, die dir nun von Gott selbst geoffenbart wird. Gott schenke dir nun die ewige Freiheit und Herrlichkeit, die er allen bereitet hat, die ihn – und damit auch die Menschen – lieben und geliebt haben. Amen

P. Provinzial Thomas Vanek OSFS, Haslach am 16.7.2017