Predigt zum Franz von Sales Fest (Joh 15,9-17)

Alles für die Liebe

das Bild auf dem Liedblatt zeigt den heiligen Franz von Sales als strahlenden Heiligen: er der Bischof, Kirchenlehrer, Ordensgründer, Mystiker, geistliche Schriftsteller und Seelenführer, der Schutzpatron der Gehörlosen und der Schutzpatron der Schriftsteller und Journalisten. Darüber sind zwei Szenen aus seinem Leben dargestellt. Ganz oben sehen wir, wie Franz von Sales einem Bettler, genauso wie der heilige Martin, seinen Mantel schenkt. Dieses Bild zeigt uns, wie wichtig dem heiligen Franz von Sales die Nächstenliebe war.

Und darunter sehen wir den heiligen Franz von Sales auf dem Sterbebett liegen. Das war genau vor 400 Jahren, am 28. Dezember 1622. Sein 400. Todestag veranlasste unseren Papst Franziskus sogar dazu, ein Apostolisches Schreiben zu veröffentlichen, in dem er das Leben des heiligen Franz von Sales und seine Bedeutung für die heutige Zeit würdigte und all das unter dem Titel „Totum amoris est“ – „Alles gehört der Liebe“ zusammenfasste.

Auf der Rückseite steht dann ein Satz des heiligen Franz von Sales, der diese Zusammenfassung des Papstes über sein Leben bestätigt. Franz von Sales sagt da: „Die Liebe allein bestimmt den Wert unseres Tuns … Versuchen wir daher, eine so innige und edle Liebe zu hegen, die uns allein unseren Herrn suchen lässt; und er wird unsere Handlungen schön und vollkommen machen, so gering und gewöhnlich sie auch sein mögen.“

Franz von Sales ging als „Lehrer der Liebe“ in die Kirchengeschichte ein. Gottesliebe und Nächstenliebe waren für ihn die wesentlichen Grundpfeiler des christlichen Lebens. Sie gehören untrennbar zusammen: Wer Gott liebt, liebt den Menschen … wer den Menschen liebt, liebt Gott. Genauso wie es uns auch Jesus im heutigen Evangelium mitgeteilt hat: „Liebt einander so, wie ich euch geliebt habe. Dies trage ich euch auf: liebt einander.“

Es gibt drei wichtige Erkenntnisse, die das Leben des heiligen Franz von Sales und sein umfangreiches Werk, das er uns hinterlassen hat, prägen. Diese Erkenntnisse gingen aus einer schweren Glaubenskrise hervor, die er als 19-jähriger Student durchleben musste. In dieser Krise glaubte er, verdammt zu sein. Er schleppte sich in eine Kirche zu einer Muttergottesstatue. Dort flehte er um Hilfe – und genau dort erkannte er diese drei wichtigen Wahrheiten, die ihn aus seiner Lebenskrise befreiten:

1. Gott ist Liebe. Wer sich Gott ganz überlässt, wer ihm voll und ganz vertraut, der wird nicht verlorengehen. Später wird sich Franz von Sales diese Aussage zu seinem Motto als Bischof machen: „Non excidet“ – „Er wird nicht verloren gehen“.

Die 2. Wahrheit lautet: „Überall dort, wo du Liebe spürst, ist Gott spürbar“. Das ist der salesianische Gottesbeweis: Wer Liebe spürt, spürt Gott. Die Liebe ist der spürbare Beweis dafür, dass Gott existiert, weil Gott die Liebe ist.

Und schließlich die 3. Wahrheit: Die Aufgabe des Menschen ist es, die Liebe Gottes in der Welt spürbar werden zu lassen, also den Nächsten zu lieben, wie sich selbst. „Liebt einander so, wie Jesus uns geliebt hat.“

Salesianisch leben, also Leben im Sinne des heiligen Franz von Sales, heißt daher: Leben in der Gegenwart Gottes, der mich unendlich liebt, und zwar an jedem Ort und zu jeder Zeit, und diese Liebe Gottes an die Menschen und die Welt weitergeben: durch Herzlichkeit, Sanftmut, Güte, Barmherzigkeit, damit die Menschen, denen ich begegne, erfahren können, dass Gott Liebe ist.

Genau das wollen die Salesianerinnen und Salesianer in die Kirche und in die Welt einbringen, auf ihre je eigene Art und Weise: in der Seelsorge, in der Glaubensverkündigung, in Schule und Bildung, im sozialen und caritativen Engagement. Die Liebe Gottes spürbar werden lassen.

Wörtlich sagt Franz von Sales einmal: „Ich will keine fantastische, mürrische, melancholische, verärgerte und kopfhängerische Frömmigkeit; wohl aber eine sanftmütige, freundliche, angenehme, friedliche – mit einem Wort eine ganz aufrichtige Frömmigkeit, die von Gott zuerst und dann von den Menschen geliebt wird“ (DASal 6,43).

Und dazu laden wir auch alle Menschen ein, denn das ist ein weiterer wichtiger Aspekt in der Lehre des heiligen Franz von Sales, den er vor allem in seinem berühmtesten Buch „Anleitung zum frommen Leben – Philothea“ beschrieben hat: Jede und jeder ist zur Heiligkeit berufen. Jede und jeder kann dort, wo er lebt und arbeitet, mit seinen Fähigkeiten und Talenten, die er von Gott geschenkt bekommen hat, Jesus nachfolgen und die Liebe Gottes in der Welt spürbar werden lassen. Dazu sind keine großartigen Leistungen notwendig, sondern die ganz normalen alltäglichen Aufgaben des Lebens. Diese aber soll ich liebevoll verrichten und im Bewusstsein, dass der liebende Gott immer bei mir ist.

Papst Franziskus nennt diese salesianische Spiritualität ein „Vermächtnis, das auch heute noch bedeutend ist“ und für das Leben von „unschätzbarem Wert“. Bitten wir den heiligen Franz von Sales 400 Jahre nach seinem Tod, dass er uns hilft, die Liebe zu leben, zu der uns Jesus Christus beauftragte: „Liebt einander so, wie ich euch geliebt habe“. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS