Predigt zum Christkönigssonntag (Lk 23,35b-43)

Die revolutionäre Botschaft Jesu

Als vor 2000 Jahren in einem unbedeutenden Winkel der Welt ein unbekannter Mann namens Jesus, ein einfacher Zimmermann, in die Öffentlichkeit trat, ahnte niemand, dass er die Welt, die Politik, die Religion, die Kultur, Kunst, Philosophie und die Wissenschaften nachhaltig verändern und prägen wird. Seine Botschaft war eine Revolution, die ihn zum gekreuzigten Schwerverbrecher machte – und diese Botschaft war ganz einfach: „Der Größte von euch, der sei der Diener aller.“

Das war explosiv und gefährlich, denn es veränderte alles, was bis dahin über Macht und Herrschaft, Könige und Fürsten gedacht wurde. Anfangs wurde darüber noch gelacht und gespottet: „Wenn du der König bist, dann rette dich selbst.“ Heute lacht darüber niemand mehr, denn diese Revolution der Liebe hat bis heute Bestand, während die Reiche und Könige von damals längst untergegangen oder vergessen sind.

Das Christkönigsfest, das wir heute feiern, wurde 1925 eingesetzt. Es war eine Zeit der Krisen. Nach dem Ersten Weltkrieg waren einige Königreiche untergegangen, Europa war im Umbruch. Nationalistische und kommunistische Bewegungen stritten um die Machtherrschaft. Eine Pandemie – die spanische Grippe – überrollte die Welt, die in einer Weltwirtschaftskrise steckte. In dieser Zeit wollte Papst Pius XI. mit der Einführung des „Hochfestes unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Weltalls“, wie das Fest offiziell heißt, ein Zeichen setzen: Liebe Menschheit, denkt daran, wer unser wahrer König, unser wahrer Herrscher nicht nur auf Erden sondern im gesamten Universum ist: Jesus Christus. Und denkt daran, welche Botschaft er uns hinterlassen hat: „Der Größte von euch ist der Diener aller!“ Nur so können wir die gegenwärtigen Krisen, von denen wir herausgefordert sind, bewältigen.

Heute, hundert Jahre später, scheint es wieder an der Zeit zu sein, diese Botschaft des Christkönigsfestes kräftig zu erneuern. Offenbar hat der Mensch immer noch nicht begriffen, dass Macht und Herrschen nur dann Zukunft haben, wenn dies als Dienst an den Menschen und der Schöpfung verstanden wird. Alle anderen Spielarten von Machtverständnis sind vom Bösen, erzeugen nur Krieg, Terror, Zerstörung, Angst und Unsicherheit … mittlerweile nicht nur mit lokalen Folgen, sondern mit Folgen, die die ganze Menschheit und die gesamte Natur und Umwelt betreffen.

So gesehen ist das Fest, das wir heute feiern, hochaktuell und hochpolitisch. Wir dürfen diese Botschaft glücklicherweise völlig angstfrei feiern, es gibt jedoch genug Länder dieser Welt, in der diese Botschaft wie damals bei Jesus Christus das Todesurteil bedeutet. Umso mehr sind wir eigentlich dazu aufgerufen, nicht müde zu werden, Jesus Christus, den wahren König des Weltalls, und seine Botschaft der Liebe zu verkünden, die den anderen höher einschätzt als sich selbst, und wo Macht Dienst am Nächsten bedeutet, vor allem an den Ärmsten, Kleinsten, Bedeutungslosesten und Ausgestoßenen.

Das Welt- und Menschenbild des heiligen Franz von Sales kann uns dabei helfen. Er lebte ja auch in einer Krisenzeit mit vielen Konflikten, der Pest und großer Armut. Er war davon überzeugt, dass nicht die „Waffen der Gewalt“ die Lösung bringen, sondern die „Waffen der Liebe“ (vgl. DASal 10,387): Demut, Sanftmut, Geduld, das Ertragen des Nächsten und vor allem der Gleichmut, also die Hingabe seines freien Willens an den Willen Gottes, der unser wahrer König und Herrscher ist.

„Wir haben die Freiheit,“ so schreibt er in seinem Buch „Abhandlung über die Gottesliebe (Theotimus)“, „Gutes und Böses zu tun; das Böse wählen, ist aber nicht seine Freiheit gebrauchen, sondern diese missbrauchen. Verzichten wir auf diese unglückselige Freiheit und unterwerfen wir unseren freien Willen auf ewig der himmlischen Liebe! Machen wir uns zu Sklaven der Liebe, dann werden wir glücklicher sein als alle Könige“ (vgl. DASal 4,312). Denn dann tun wir das, was uns auch Jesus Christus, der König des Weltalls, lehrte und wofür er gekreuzigt wurde: „Liebt einander so, wie ich euch geliebt habe. Der Größte von euch, der sei den Diener aller“. Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS