Predigt zum 5. Sonntag im Jahreskreis (Mk 1,29-39)

Trost, oder Gott, der tröstet

das öffentliche Auftreten Jesu war wahrlich eine Sensation. Die heutige Stelle aus dem Markusevangelium macht das in sehr komprimierter Form deutlich.

Jesus macht seinem Namen alle Ehre: Jesus, das heißt übersetzt: Gott heilt – Heiland. Jesus heilt die Schwiegermutter des Petrus vom Fieber. Er heilt Kranke und Besessene. Die ganze Stadt versammelt sich vor seiner Haustür. Er heilt alle möglichen Krankheiten. Er treibt Dämonen aus, befreit Besessene. Zieht sich Jesus einmal zurück, um zu beten, eilen ihm seine Begleiter nach und holen ihn zurück, denn „alle suchen dich!“

Solche Situationen sind typisch menschlich. Wunder ziehen Massen an, Unerklärliches, Sensationelles wirkt wie ein Magnet für Schaulustige. Nichts ist faszinierender als Erfolg. Da möchte man dabei sein, auf der Erfolgswelle mitschwimmen, am Erfolg teilhaben, mit den Erfolgreichen in Tuchfühlung gehen … auch einmal ein VIP sein – eine Very Important Person – eine sehr wichtige Persönlichkeit. Der Starkult unserer Tage, das mediale Blitzlichtgewitter, die roten Teppiche machen deutlich, dass all das auch heute noch sehr gut funktioniert. Der Mensch liebt das Wunderbare, das Geheimnisvolle, das Unerklärliche …

Jesus hat offenbar gemerkt, dass seine Wirkungen irgendwie in eine falsche Richtung abdriften … er sucht das Weite: „Lasst uns anderswohin gehen …“

Der heilige Franz von Sales macht uns in seinen Schriften immer wieder darauf aufmerksam, dass wir unsere Gottesbeziehung von Zeit zu Zeit auch kritisch hinterfragen sollen: Worum geht es mir eigentlich, wenn ich Gott suche, mich an ihn wende, mit ihm in Beziehung trete? Suche ich im Gebet den Trost Gottes oder geht es mir um Gott, der tröstet? Glaube ich deshalb, weil ich getröstet werden will, geheilt von Krankheiten und Besessenheiten, befreit von den Dämonen dieser Welt, die so zahlreich um mich herum schwirren und mir Angst machen? Oder geht es mir um Gott, der mir auch dann noch lieb und wertvoll ist, wenn er sich nicht um mich kümmert, wenn er anderswohin geht, wenn ich keinen Vorteil aus meinem Glauben ziehen kann?

Was bringt es mir? Was bekomme ich dafür? Welchen Vorteil ziehe ich daraus? Das sind die Fragen, die mich daran hindern, Gott wirklich ganz nahe zu kommen. Es sind die Dämonen, die mich davon abhalten, Gott zweckfrei, bedingungslos, aus ganzem Herzen, aus ganzer Kraft und mit ganzer Seele zu lieben, nicht, weil er mir Heilung, Befreiung, Wunder schenkt, sondern einfach deshalb, weil er mich liebt.

So beschreibt es Franz von Sales auch einmal in seinem Buch „Abhandlung über die Gottesliebe“: „Sieh dir einmal diesen Menschen an, der zu Gott betet, und wie dir scheint, mit so großer Andacht betet und mit so großem Eifer sich den Übungen der himmlischen Liebe hingibt. Aber warte ein wenig zu, und du wirst sehen, ob es wirklich Gott ist, den er liebt. Ach, leider, sobald die süße Freude und die Befriedigung, die er an der Liebe fand, aufhört und die Trockenheit einsetzt, wird er alles aufgeben und nur mehr hie und da beten. Wäre es Gott gewesen, den er geliebt, warum hätte er dann aufgehört, ihn zu lieben, wo doch Gott immer Gott bleibt? Es war also der Trost Gottes, den er liebte, und nicht den Gott des Trostes (2.Kor 1,3)“ (DASal 4,147).

Gott ist kein Feuerwehrgott, kein Automat, kein Lückenbüßer, der für mich da zu sein hat, wenn ich ihn brauche … die Grundfrage an mich lautet daher: Liebe ich Gott nur dann, wenn ich auch etwas davon habe, oder bin ich bereit, ihn auch dann zu lieben, wenn ich keinen Vorteil davon habe, einfach deshalb, weil Gott Gott ist, mich erschaffen hat und mich liebt und sich nichts sehnlicher wünscht, als dass auch ich ihn liebe? Amen.

P. Herbert Winklehner OSFS